Chronik/Österreich

Kärntner Seen werden zur Kulisse

„Is schon still uman See“, lautet der Titel eines Kärntner Volksliedes aus den 1960er-Jahren. Es passt seit jeher zur Touristenflaute im Herbst. Und doch haben die Worte auch für den Sommer ihre Gültigkeit: Urlauber kommen nicht mehr vordergründig nach Kärnten, um zu Baden, sondern des Wanderns und Bikens wegen. Die Gewässer dienen als Belohnung fürs Auge.

2006 wurden die Kärnten-Touristen nach ihren Motiven für den Sommerurlaub befragt: 70 Prozent nannten das Baden, 59 das Wandern und 28 das Radfahren. Die letzte Umfrage stammt aus dem Jahr 2014. Wandern war mit 65 Prozent auf Platz eins, Baden (56 Prozent) auf Platz zwei vor dem Biken (43 Prozent). „Aktuell gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz zwei“, schätzt der Chef der Kärnten-Werbung, Christian Kresse.

Er gibt zwei Gründe für die Abkehr vom Badeurlaub an: „Die Seen sind durch die Verbauung immer weniger nutzbar geworden. Und das Urlaubsverhalten hat sich drastisch geändert. Kärnten-Touristen lieben den Natur-Aktiv-Urlaub. Die Seen nützt man zum kurzen Sprung ins Wasser, aber nicht mehr zum ganztäglichen Sonnenbaden. Die Seen sind Kulisse.“

Der Blick auf die Gewässer hat nach wie vor seinen Reiz – allerdings von den Bergen aus. „Vor 15 Jahren wurden die Bergbahnen in Kärnten fast ausschließlich zum Skifahren im Winter genutzt. Doch Jahr für Jahr werden die Sommerbergbahnen beliebter. Wanderer und Radfahrer wollen rauf auf die Berge. Aber gemütlich mit der Bahn“, berichtet Gerhard Eschig, bei der Wirtschaftskammer zuständig für die Sparte Transport.

Betrieb bis 4. November

16 Seilbahnunternehmen gibt es inzwischen, die auch im „Sommer“ in Betrieb sind. Auf der Gerlitzen (Bild oben) und am Goldeck bis 14. Oktober, auf der Turrach bis 26. Oktober, auf der Petzen bis 28. Oktober und in Bad Kleinkirchheim bis 4. November. Die Millionenmarke an Sommergästen dürfte heuer geknackt werden. „Übers Jahr ist das Verhältnis Winter- zu Sommer-Bahngästen 65 zu 35“, sagt Eschig.

Wandern und Biken – dieser Trend ist nicht nur „passiert“, sondern wird mit zwei Aktionen unterstützt, die Kärnten den anderen Bundesländern voraus hat: „Slow Trails“ nennen sich sieben Kurzwanderwege in Seenähe. Es gilt die Regel „Slow Motion“ statt „High Speed“, die Trails sind maximal zehn Kilometer lang und haben weniger als 300 Höhenmeter. „Der Österreicher wandert gerne vier Stunden, aber der deutsche Gast höchstens 90 Minuten und der Italiener spaziert zehn bis 50 Minuten. Daher boomen die Kurzwanderwege“, weiß Touristiker Kresse.

Auch auf der E-Bike-Welle reiten die Kärntner an vorderster Front. Heuer wurde ein einzigartiges Verleihsystem aufgezogen: An 50 Stationen in allen Regionen des Bundeslandes können gegen Gebühr Räder samt Helm, Kindersitz etc. ausgeliehen und anderenorts wieder zurückgegeben werden. Die Online-Reservierung der rund 800 zur Verfügung stehenden Bikes ist möglich. „2018 war erst der Beginn, dieses Projekt hat noch wahnsinnig viel Potenzial und wird ausgebaut“, betont Kresse.