Jeder darf bei der Bärenjagd in Slowenien abdrücken
Von Thomas Martinz
Passt der Janker noch und ist das Gewehr geputzt? Diese Fragen stellen sich aktuell zahlreiche heimische Jäger. Während hierzulande diskutiert wird, ob man Wölfen mit Gummigeschossen zu Leibe rücken darf, gelten in Slowenien ganz andere Gesetze: da kann jedermann Braunbären jagen.
Die Rekordzahl von 125 Individuen wurde für den heurigen Herbst zum Abschuss freigegeben. Und wenn der Österreicher nur ein Trophäenjäger ist und nicht einmal eine Jagdlizenz besitzt? Kann er in Slowenien trotzdem abdrücken.
Bestand gestiegen
Die Bärenjagd prinzipiell ist legal, nur führende Weibchen sind geschützt. „Auch von Seiten der EU gibt es keine Einwände“, sagt Hubert Potocnik, Biologe von der Universität Ljubljana, der sich mit dem Bären-Monitoring beschäftigt. Der Bestand an Braunbären sei in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. „750 Bären leben in Slowenien, daher hat die Regierung beschlossen, dass 125 bejagt werden dürfen“, berichtet Potocnik. 100 waren es noch 2017.
Die Konzessionen ergehen an regionale Jagdclubs und die verhökern Feuer-Frei-Bescheide an jene privaten Interessierten, die eine EU-Jagdbewilligung haben (sollten).
Ein dreitägiger Jagdtrip mit Führer kann übers Internet bereits um 500 Euro gebucht werden. Verdoppelt man diese Summe, sind im „Bear-Package“ auch die Unterbringung in Hotels, Verpflegung und Tranfers enthalten.
Über 10.000 Euro
Richtig teuer wird es beim Bären selbst, denn da sind die Preise je nach Gewicht des erlegten Individuums gestaffelt: Solche unter 100 Kilogramm sind um 2500 Euro zu haben, jene über 150 um 6000 Euro und die jenseits der 170 Kilo ab 10.000 Euro bzw. überhaupt nur nach Absprache. Jeder Fehlschuss kostet übrigens 200 Euro. Ist ein Bluthund vonnöten, um einen verletzten Bären aufzuspüren, so sind 600 Euro extra zu entrichten. Man erhalte viele Anfragen aus Österreich, sagen die Anbieter. Um 200 Euro könne ein Zertifikat erworben werden, um das erlegte Wildtier zu exportieren. Das sei jedem EU-Bürger gestattet. Ist der Tierpräparator fleißig, so steht oder liegt die Trophäe schon zu Weihnachten im Wohnzimmer.
Der KURIER hat bei den Veranstaltern anonym nachgefragt, ob die Jagd auch ohne Jagdlizenz möglich wäre. „Ein professioneller Jäger ist ja dabei. Du brauchst keine Lizenz, musst nur wissen, wie man abdrückt“, lautete eine Antwort.
Von solchen Praktiken wissen Tierschutzorganisationen nichts, sie haben aber sowieso andere Kritikpunkte. „Der Bärenbestand in Slowenien wird künstlich hoch gehalten, weil die Tiere stets intensiv angefüttert werden“, weiß Christian Pichler vom WWF. Früher geschah dies mit Kadavern, seit einem EU-Verbot mit Mais, der in Futterautomaten angeboten wird.
An Futter gewöhnt
Das erleichtert betuchten Gästen die Jagd, denn der Bär wurde monatelang an seine Futterplätze gewöhnt – jetzt wartet im sicheren Unterstand der Mann mit der Flinte. Ein ungleiches Duell. Aber so wird verständlich, warum Veranstalter behaupten, jedermann komme „zu 99 Prozent“ binnen drei Tagen zum Abschuss.
Kritik an diesen Vorgängen kommt auch von Österreichs Bärenanwälten, Bernhard Gutleb und Georg Rauer. Gegen die Jagd selbst spreche allerdings nichts, betonen beide. „Slowenien betreibt seriöses Bären-Monitoring. Und mit den Einnahmen aus der Jagd werden beispielsweise gerissene Schafe abgegolten. So bleibt das Image des Bären positiv“, erklärt Gutleb. Rauer meint, die slowenische Bärenjagd habe „ihre Berechtigung, weil der Bestand in den letzten Jahren stark gestiegen ist“.