Chronik/Österreich

Jägerstätter-Witwe 100-jährig gestorben

Die Witwe des von den Nazis hingerichteten und später seliggesprochenen NS-Wehrdienstverweigerers Franz Jägerstätter, Franziska, ist am späten Samstagabend im Alter von 100 Jahren gestorben.

Das teilte die Diözese Linz am Sonntag mit. Bischof Ludwig Schwarz würdigte die Verstorbene in einer ersten Reaktion als "große Christin und ein großes Vorbild im Glauben".

Franziska Jägerstätter feiert erst vor wenigen Tagen, am 4. März, ihren 100. Geburtstag.

Jugendzeit

Die Innviertlerin wurde am 4. März 1913 in Hochburg (Bezirk Braunau) in Oberösterreich als Tochter einer großen Bauernfamilie geboren. Sie war eine gute Schülerin und verdiente sich etwas dazu, indem sie bei der örtlichen Kegelbahn die Kegel aufstellte. Dort lernte sie Franz Jägerstätter, Bauer und Messner in St. Radegund (Bezirk Braunau), kennen. Die als fromm geltende junge Frau soll den lebenslustigen Innviertler zum Bibellesen und Beten gebracht haben. Am Gründonnerstag 1936 wurde geheiratet - die Hochzeitreise ging nach Rom - und in den folgenden vier Jahren bekam das Paar drei Töchter.

Krieg

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Als Franz sich in der Nazizeit aus religiösen Gründen weigerte, in den Krieg zu ziehen, stand sie trotz der drohenden Konsequenzen stets hinter ihm und verteidigte ihn vehement. Während seiner Haftzeit schrieben sie einander Briefe. Nach dem Todesurteil ermöglichte der Pflichtverteidiger Franz und Franziska noch eine letzte Begegnung in Berlin, um sich zu verabschieden. Am 9. August 1943 wurde er von den Nazis hingerichtet. Franziska, die seine Entscheidung mittrug, blieb mit drei Kindern zurück.

Der Familienvater wurde am 26. Oktober, dem österreichischen Nationalfeiertag, 2007 im Linzer Mariendom seliggesprochen. Seine Witwe bezeichnete ihr Leben oft als "langen Karfreitag".

"Wir verdanken ihr in gewisser Weise Franz Jägerstätter"


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"Wir verdanken ihr in gewisser Weise Franz Jägerstätter", sagte der heutige Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer einmal in einer Predigt. Wenn seine Frau nicht zu ihm gehalten hätte, dann hätte er niemanden gehabt.

Warum ihr Mann nicht ein zweites Mal zur Wehrmacht einrückte, begründete Jägerstätter so: "Weil sie (die Nationalsozialisten, Anm.) die Kirche so verfolgt haben." Der Preis der Entscheidung war dem Paar klar. Als es deswegen zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Verwandtschaft kam, trat Franziska an Franz' Seite. "Er hätte ja sonst niemanden gehabt, wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte", sagte sie.

Auch nach Kriegsende wurden Franziska Jägerstätter und ihre Familie immer wieder diskriminiert. Es kam der Vorwurf, sie sei wegen ihres Glaubens mit schuld an der Verweigerung des Wehrdienstes aus religiösen Gründen.

Verdienste

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Jägerstätter war mehr als 30 Jahre lang Messnerin in der Pfarrkirche St. Radegund, Lektorin, Kommunionspenderin sowie Leiterin der pfarrlichen Katholischen Frauenbewegung und mit Hunderten Menschen in Briefkontakt.

Im April 2007 erhielt sie das Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich und das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich. Im Juni 2010 wurde Franziska Jägerstätter das Päpstliche Ehrenzeichen verliehen.

Theaterstück

Das Wiener Theater in der Josefstadt und der Theatersommer Haag bringen im Sommer die Uraufführung eines Stücks von Felix Mitterer über den Märtyrer.

Foto-Link Petschenig Picturenews