Chronik/Österreich

In 15 Jahren könnten 500 Wölfe heulen

Zahlreiche Spuren und Hinweise deuten darauf hin, dass sich schon demnächst Österreichs viertes Wolfsrudel im Gebiet der Bergkette Ostrong im südwestlichen Waldviertel bilden dürfte. Davon sind zwei Wissenschaftler überzeugt. Sie präsentierten Dienstagabend im Museum Niederösterreich in St. Pölten aktuelle Forschungsergebnisse. Demnach leben derzeit 13 bestätigte und bis zu 35 vermutete Wölfe in Österreich. In 15 Jahren könnten es laut Schätzungen hierzulande bis zu 500 Raubtiere sein. Weil die Population – in ganz Europa – stark wachsen wird, müsse die Politik endlich auf Herdenschutzmaßnahmen setzen, fordern die Experten.

„Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man mit Abschüssen einzelner Wölfe einen Zustand wie vor rund 100 Jahren herstellen kann. Sobald einer erlegt ist, kommt der nächste“, betonte Klaus Hackländer, Wildbiologe an der Universität für Bodenkultur in Wien. Das Raubtier sei damals nur deswegen fast ausgerottet geworden, weil man „mit allen Mitteln, die Gott verboten habe“, vorgegangen sei. In Zeiten strengen Tierschutzes seien Tötungsmittel wie Gift oder Fallgruben ethisch nicht mehr vertretbar.

Aus seiner Sicht sei eine Koexistenz mit dem Wolf wie in anderen – noch stärker betroffenen – Ländern möglich. Aber erst müsse die aufgeheizte Diskussion abklingen. „Dass der Wolf in Österreich Realität ist, damit müssen wir uns abfinden. Für diese Situation gibt es extra einen Managementplan, der nur umgesetzt werden muss“, sagte Hackländer und verwies darauf, dass Österreich wegen der hohen Wilddichte „Europameister in Sachen Futter für den Wolf ist“.

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Recht einhalten

Selbst, wenn man die europaweit geltende FFH-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aufweichen würde, wäre das Raubtier aufgrund der Berner Konvention weiterhin in vielen europäischen Ländern geschützt, sagt Hackländer. Daher verlangt er, dass geltendes Recht weiterhin eingehalten wird. „Erst muss Plan A – sprich der Herdenschutz – umgesetzt werden. Erst danach kann man sich über weitere Schritte Gedanken machen“, fordert Hackländer.

In puncto Herdenschutz geht es einerseits um die Förderung für die Errichtung von Schutzzäunen, andererseits um die dreijährige Ausbildung von Herdenschutzhunden. Die nö. Landwirtschaftskammer will mehrere Beispiele kennen, in denen die Herdenschutzmaßnahmen nicht funktionieren. Das können Österreichs Wolfsbeauftragter Georg Rauer, er prüft die Vorfälle, und Hackländer nicht bestätigen: „Dort, wo Wolfsrisse bestätigt wurden, waren viele Zäune nicht wolfssicher.“ Es gehe auch um eine psychologische Barriere, vor der ein Wolf grundsätzlich Halt mache, ergänzte Hackländer.

Wurden im Vorjahr 130 Wolfsrisse an Nutztieren registriert, sind heuer bisher nur relativ wenige gezählt worden. Rätselhaft bleibt ein aktueller Vorfall bei einem Schaf im Bezirk Amstetten. „Genetisch haben wir nichts gefunden. Es ist kein typischer Wolfs-, aber auch kein Hunderiss“, erklärte Rauer auf die Frage eines Besuchers.