Hund & Herrl im Paragrafen-Dschungel
Verkäufer von Flexi-Hundeleinen dürften in Oberösterreich kein gutes Geschäft machen: Das Landesgesetz schreibt eine Maximallänge von 1,5 Metern vor. Der Maulkorb bleibt dem Wauzi übrigens erspart, wenn er sich beim Atmen schwer tut – "ein veterinärmedizinisches Attest ist stets mitzuführen".
Oberösterreich und Niederösterreich haben jeweils eigene Hundehaltegesetze, in den anderen Bundesländern finden sich entsprechende Paragrafen im Tierhalte-, Jagd- oder Landessicherheitsgesetz. Dazu kommt, dass jede Kommune eigene Verordnungen machen kann – etwa zur Leinen- und/oder Maulkorbpflicht und zur Hundesteuer. Jedem Dorf sein Hund also.
Neun Landesgesetze und 2100 Gemeindeverordnungen für geschätzte 750.000 Hunde in Österreich – Michael Kreiner, Präsident des Kynologenverbands (ÖKV), hält das für unsinnig: "Wir fordern eine bundesweit einheitliche Regelung und wären bereit, unsere Expertise einzubringen."
Achtung am Ortstaferl
Das Angebot stößt auf taube Ohren. Länder und Kommunen stiften mit ihrer Handhabe weiter Verwirrung. In Eisenstadt herrscht etwa generelle Leinenpflicht, zwischen den burgenländischen Gemeinden gibt es aber große Unterschiede. Vorsicht, wenn man beim Spaziergang eine Grenze überschreitet.
Am anderen Ende Österreichs, in Vorarlberg, schnuppert man beim Äußerln hingegen den Duft der Freiheit. Eine Leine ist nur in dicht besiedelten Gebieten nötig. Dafür nehmen es die Leute im Ländle mit den sogenannten Kampfhunden umso ernster: Seit 1992 muss der Bürgermeister bei 15 Rassen wie Bullterrier oder Staffordshire eine Genehmigung erteilen. In Wien braucht man seit 2010 für zwölf "Listenhunde" einen Führschein, in Niederösterreich einen Sachkundenachweis für acht mit "erhöhtem Gefährdungspotenzial". In der Steiermark müssen nur Erstbesitzer in den Hundekunde-Kurs. In Salzburg, Ober- und Niederösterreich muss man für alle Rassen einen Sachkundenachweis bringen. In Kärnten und Tirol gibt es einen Vertrauensvorschuss: Auflagen werden erst dann erteilt, wenn Hund und Herrl bzw. Frauerl sich etwas zu Schulden haben kommen lassen.
Schlechte Nachrichten für Gewalttäter, Alkoholiker und Drogenabhängige: In einigen Ländern bleibt ihnen der "vierbeinige Freund" ganz verwehrt – aus mutmaßlich mangelnder Verlässlichkeit.
Rassen in Verruf
Die Reglementierungswut dürfte eine politische Reaktion auf den Boom der "Kampfhunde" und deren Attacken gewesen sein, wenn ihre Halter sie nicht im Griff hatten.
Grundkenntnisse über die richtige Haltung sollte jeder Hundebesitzer nachweisen können, betont ÖKV-Präsident Kreiner. Ihm sind aber die Auflistung bestimmter Rassen und die darauf begründeten Einschränkungen ein Dorn im Auge: "Sie sind durchwegs nicht exekutierbar und wissenschaftlich nicht begründbar."
Das zeigt auch die aktuelle Beiß-Statistik. Listenhunde machen zwar häufiger Schlagzeilen – wie zuletzt die 22-jährige Wienerin, die am Karsamstag mit ihrem Staffordshire Mischling auf Raubtour war (der KURIER berichtete) – in nackten Zahlen machen derlei Attacken aber nur einen Bruchteil aus (siehe Bericht unten).
Die Chance, von einem fremden Hund auf offener Straße angefallen zu werden, ist recht gering: Laut einer Erhebung des deutschen Ärzteblattes kennen 90 Prozent der Bissopfer ihren Angreifer – es ist etwa der eigene oder der Nachbarshund.