Chronik/Österreich

Hunderttausende Waffen bald illegal

Mehr als die Hälfte der Frist für die neue Meldepflicht von Langwaffen (Gewehre) ist verstrichen. Doch bisher sind erst rund 62.000 Meldungen eingelangt. Die Zahl, die das Innenministerium dem KURIER bekannt gab, ist für Insider ein Schock. Stimmen die Schätzungen nur annähernd, dass die Österreicher rund eine Million Gewehre daheim liegen haben, dann sind bisher nur wenige Prozent der Besitzer ihrer Meldepflicht nachgekommen. Zehntausende nähern sich einer Deadline, hinter der die Illegalität wartet.

In letzter Sekunde

„Ich warte vorerst einmal ab, wahrscheinlich bis knapp vor Ende der Frist, und entscheide mich dann“, vertraut ein Betroffener, der anonym bleiben will, dem KURIER an. Ein Jäger gibt offen zu: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich alle Gewehre melde oder nur jene, mit denen ich regelmäßig zur Jagd gehe.“ Der Mann ist kein Einzelfall. Viele Waffenbesitzer befürchten eine Waffensteuer, sobald alle Langwaffen erfasst sind.

„Viele warten zumindest die Nationalratswahl im Herbst ab. Wenn die FPÖ zukünftig mitreden kann, wird sie die Vorschrift lockern und eine Amnestieregelung einführen, wie ich sie schon seit Langem fordere“, sagt Georg Zakrajsek, Sprecher der Interessensgemeinschaft liberales Waffenrecht, der von mindestens einer Million Langwaffen in Privatbesitz ausgeht.

Alle Inhalte anzeigen
Die Waffenhändler sorgen sich bereits: Sollten sich zu viele Waffenbesitzer erst knapp vor Ablauf der Frist im Juni 2014 für die Registrierung entscheiden, werde es ein Anmeldechaos geben. „Ich fürchte, dass sich ein großer Teil der Besitzer erst sehr spät zur Registrierung entschließt, die die meisten Leute beim Waffenhändler vornehmen. Dann kann es sein, dass wir nicht alle Registrierungen innerhalb der gewünschten Zeit durchführen können“, sagt Robert Siegert, Bundesgremialvorsteher des Waffenhandels.

Das wäre noch die harmlose Variante. Dramatischer wäre es, wenn eine große Zahl an Besitzern das Gesetz gänzlich ignoriert und sich in die Illegalität begibt. Sollten sie später eine Waffe verkaufen, haben sie nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder riskiert man im Zuge der nachträglichen Anmeldung eine Strafe, oder die Waffe landet auf dem Schwarzmarkt. Der hätte dann plötzlich ungeahnte Quellen. Und Österreich bekäme mit einem Schlag weitere Besitzer von illegalen Waffen. „Eigentlich ist das Projekt schon in die Hose gegangen“, sagt Waffen-Lobbyist Zakrajsek.

Optimismus

Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, gibt sich trotzdem optimistisch: „Es ist noch Zeit bis Juni 2014. Ich gehe davon aus, dass die Betroffenen ihre Waffen melden werden.“

Alle Inhalte anzeigen
Personen, die die Frist versäumen, machen sich in jedem Fall strafbar, betont er. „Es ist eine Verwaltungsübertretung, wenn man die rechtzeitige Registrierung unterlässt“, erklärt Grundböck. Die werde vermutlich mit einer Geldstrafe bedroht. Genau ist das noch nicht geregelt.

„Wenn jemand Zweifel haben sollte, wie damit umzugehen ist, kann er sich an den Waffenhandel wenden“, rät Grundböck. Der Tipp ist außerordentlich wertvoll. Denn auf der Homepage des Innenministeriums sind Information zur Meldepflicht schwer zu finden.

Auf Information setzt auch Rudolf Slamanig. Der Landespolizei-Vizedirektor und ehemalige Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in NÖ, sagt: „Die Schützen und Jäger sind bestens informiert. Es gibt aber auch Leute, die beispielsweise Waffen geerbt haben und auf dem Gebiet nicht so viel Sachkenntnis haben. Die muss man versuchen zu erreichen.“

Natürlich habe eine zentrale Waffenregistrierung Vorteile, weil die Polizei vor einem Einsatz in Erfahrung bringen kann, ob es in einem Haushalt Waffen gibt.

Alle Inhalte anzeigen