Chronik/Österreich

Höhere Verkehrsstrafen erst nach der Wahl

In deutschen Medien ist die Aufregung groß: In Österreich werden – rechtzeitig zu Ferienbeginnab 1. Juli die Strafen für fast alle Verkehrsübertretungen erhöht, warnt der Automobilclub ADAC. Auch heimische Medien verkünden das bereits.

Tatsächlich dürften Polizisten ab Montag 90 Euro statt bisher 36 für Organmandate kassieren. Doch das bleibt vorerst graue Theorie. Denn dafür müssten erst die sogenannten Ermächtigungsurkunden für die Polizisten geändert werden. Das ist allerdings Sache der neun Bundesländer. Und vor der wichtigen Nationalratswahl im Herbst scheuen die Politiker diese Erhöhung wie der Teufel das Weihwasser.

„Wir würden erhöhen, haben aber von unserem Landesrat den Auftrag bekommen, das vorerst nicht zu machen“, berichtet einer der zuständigen Referenten dem KURIER.

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Hohe Offiziere der Verkehrspolizei bestätigen ebenfalls, dass sie vorerst nicht mehr als die bisherigen 36 Euro für Organmandate einheben werden. „Die Ermächtigung zur Erhöhung erwarten wir erst für den Herbst“, sagt ein hochrangiger Verkehrspolizist aus Ostösterreich. „Das wird erst sukzessive umgesetzt“, betont auch Oberst Johann Golob von der Wiener Polizei.

Der Hintergrund: „Derzeit tagt eine Arbeitsgruppe von Länderexperten und Beamten des Verkehrsministeriums“, berichtet Albert Kreiner, Leiter der zuständigen Verkehrsabteilung in der Kärntner Landesregierung.

In dieser Arbeitsgruppe soll erstmals ein österreichweit einheitlicher Strafenkatalog entworfen werden. Dann wird insgesamt kräftiger kassiert.

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Denn teurer wird es nicht nur bei Anonymverfügungen. Strafverfügungen können dem Lenker maximal bis zu 600 Euro (bisher 365 €) kosten. Anonymverfügungen werden von 220 auf 365 Euro ausgebaut.

Das dafür zuständige Bundeskanzleramt bestreitet seit Monaten, dass es zu einer Erhöhung der Verkehrsstrafen (und damit Mehreinnahmen statt der knapp 200 Millionen Euro für den Staat) kommen wird. Es würde nur Verwaltung eingespart, weil es zu weniger Anzeigen kommt, wenn die Polizisten bereits vor Ort die höheren Organmandate einheben können.

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Der ÖAMTC sieht das hingegen skeptisch: „Wenn das Organmandat zu hoch ist, dann werden erst recht viele auf eine Anzeige bestehen“, sagt Chefjurist Martin Hoffer. Auch bei der Erhöhung der Anzeigen von 72 auf 220 Euro vor einigen Jahren habe es zunächst geheißen, dass nur der Strafrahmen erhöht werde.

Für das Kuratorium für Verkehrssicherheit hätte eine tatsächliche Erhöhung jedenfalls Vorteile: „In Europa ist es so, dass nur Länder mit hoher Kontrolldichte und hohen Strafen auch weniger Verkehrstote haben“, meint KfV-Experte Klaus Robatsch. Beispiel ist etwa Schweden, wo zehn km/h zu viel bereits 150 Euro kosten und Radarboxen auf den Hauptverkehrsrouten im Kilometerabstand zu finden sind. Die Folge davon sind – umgelegt auf die Bevölkerung – nur halb so viele Verkehrstote.

Österreichweit einheitliche Strafhöhen sind ein von vielen Autofahrern oft genannter Wunsch. Bisherige Versuche scheiterten kläglich. Den letzten Anlauf machte BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach. Nach großer Ankündigung blieb aber wenig übrig, gerade einmal für Handytelefonate am Steuer (50 Euro) und für Nicht-Anschnallen (35 Euro) wurde eine einheitliche Lösung gefunden.

Das Kuriose daran: Damit wollte man mobiles Telefonieren am Steuer zum teuersten Delikt machen, mit der nunmehrigen Änderung wird es schlagartig zum billigsten Verstoß – denn die von Gorbach festgelegten 50 Euro bleiben von der aktuellen Änderung ausgenommen. Alles andere kann aber künftig bis zu 90 Euro kosten.

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Aus dem Wunschkennzeichenfonds werden wieder Millionen für eine Werbekampagne lockergemacht. Diesmal geht es um die Kinder-Verkehrssicherheit. Ein Spot, der ähnlich wie bei der Alkohol-Kampagne als Schocker aufgebaut ist, soll die Autofahrer zum Umdenken bewegen.

Dazu wird eindringlich gezeigt, dass Kinder den Verkehr ganz anders wahrnehmen als die Autofahrer – der Titel der Kampagne lautet deshalb: „Kinder sehen die Welt anders“. Gegenstände auf der Straße verschwimmen dabei zu Fußbällen oder zu lustigen Seenlandschaften. Bei der Präsentation kam der Spot sehr gut an.

„Gerade zu Ferienbeginn im Juli gibt es sehr viele Unfälle. Deshalb starten wir jetzt“, erklärte Verkehrsministerin Doris Bures bei der Präsentation der Kampagne in Wien. Die zweite Welle soll rechtzeitig zu Schulbeginn starten. Der Etat wurde von 4,5 auf 2,3 Millionen Euro gekürzt, offiziell aus „Spargründen“. Auch diesmal durfte der Beirat des Wunschkennzeichen-Fonds nicht mitreden.

„Eine Million Euro werden für Inserate im Print aufgewendet, 600.000 Euro für TV-Spots, 300.000 für Radio-Spots“, berichtet Agenturchef Rudi Kobza gegenüber dem KURIER. Die Lowe GGK gewann damit erneut eine Ausschreibung des Verkehrsministeriums. Eine der Vergaben ist Gegenstand von Untersuchungen der Staatsanwaltschaft.