Chronik/Österreich

Hepatitis nach Plasmaspende: "Opfer wurden diffamiert"

"Trinken Sie?", fragte ihn eine Mitarbeiterin des Krankenhauses am Telefon. Hermann Wührleitner – jung, sportlich, Skilehrer – verneinte überrascht. Trotzdem waren seine Leberwerte nicht in Ordnung. Erst viele Jahre später erfuhr er: Er ist einer jener Blutplasma-Spender, die in den 1970er-Jahren mit Hepatitis C infiziert wurden. Hilfe bekommt Wührleitner vom Wiener Rechtsanwalt Hans Otto Schmidt, der in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als 300 infizierte Plasmaspender vertrat. Nun erzielte Schmidt vor Gericht einen weiteren Erfolg für die Opfer.

"Wir waren ein paar Studenten, die 1971 und 1972 einige Male Plasma spenden gingen", schildert Wührleitner. Hepatitis A und B waren damals bereits bekannt – Hepatitis C hingegen wurde erst 1989 identifiziert. "Im Wesentlichen habe ich als junger Mann nichts von der Erkrankung gemerkt, ich war nur auffällig oft müde", beschreibt er. Aufgrund seiner Leberwerte musste er zu zahlreichen Untersuchungen: "Aber erst 1993 wurde diagnostiziert, was ich wirklich habe."

In den 1990er-Jahren wandten sich die ersten Opfer an Anwalt Otto Schmidt: Unter anderem erzielte er, dass 259 Betroffenen im Jahr 2001 insgesamt 102 Millionen Schillig (in heutiger Währung rund 7,4 Mio. Euro) zugesprochen wurden. Ebenso sorgte seine Kanzlei dafür, dass infizierte Spender einen Anspruch auf Versehrtenrente erhielten.

Verlust der Rente

Schmidts aktueller Erfolg: Konnten im Blut der Patienten infolge einer Therapie keine Viren mehr nachgewiesen werden, drohte ihnen, den Anspruch auf die Rente zu verlieren. Nun vertrat der Anwalt in Graz einen Klienten, der dagegen klagte.

Ende April wurde der Klage schließlich stattgegeben – der Betroffene erhält seine Rente somit weiterhin. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, Schmidt ist jedoch optimistisch, dass dies bald der Fall sein werde: "Das Urteil könnte Präzedenzwirkung haben", fügt er hinzu.

Auch Hermann Wührleitner weiß, dass diese Unterstützung essenziell sein kann: "Ich musste aus gesundheitlichen Gründen mit 54 Jahren in Pension gehen. Ohne Versehrtenrente wäre das nicht möglich gewesen."

Schmidt betont: Virenfrei sei nicht gleichbedeutend mit gesund. "Auch wenn das Virus nicht mehr nachweisbar ist, ist die Leber meist geschädigt. Die Betroffenen haben ein erhöhtes Risiko, an Leberkrebs zu erkranken." Zudem hätten die Patienten während ihrer langen Krankheit nicht die Möglichkeit gehabt, eine entsprechende Karriere aufzubauen. Nicht zu vergessen die psychische Belastung, ergänzt Schmidt: "Die Opfer wurden diffamiert. Man warf ihnen vor, sie seien Alkoholiker oder Kunden von Prostituierten. "

"Beinahe gestorben"

Ähnliches musste auch Wührleitner erleben. Vor einigen Jahren sei er zudem an den Nebenwirkungen einer Therapie beinahe gestorben: "Ich musste ins Krankenhaus zur Kontrolle und habe wohl schon ausgesehen wie ein Sandler. Ich hatte eine Sepsis (Blutvergiftung, Anm.) und musste mehrere Wochen im Spital bleiben."

2011 kam schließlich ein Medikament auf den Markt, das dem Patienten wieder Hoffnung gab. 16 Wochen lang musste Wührleitner täglich zwei Tabletten einnehmen. Er sprach gut darauf an – bereits nach einigen Wochen fühlte er sich deutlich besser. "Mittlerweile können bei mir keine Viren mehr nachgewiesen werden. Und das Faszinierende: Das war endlich eine Behandlung ohne Nebenwirkungen", freut er sich.

Mittlerweile könne er sogar wieder im Wienerwald spazieren gehen. Und das aktuelle Urteil aus Graz gibt ihm außerdem die berechtigte Hoffnung, dass auch er den Anspruch auf seine Versehrtenrente nicht verliert.