Heimische Justiz verschont die Ost-Mafia
Die Mafia in Europa ist derzeit wieder auf dem Vormarsch. 5000 organisierte Gruppierungen sind aktuell polizeibekannt, vor vier Jahren waren es lediglich 3600. Eines der großen Probleme dabei ist aktuell die tschetschenische Mafia, sagt David Ellero, Leiter der Europol-Abteilung gegen Organisierte Kriminalität (OK), im Gespräch mit dem KURIER.
"Die tschetschenische Mafia ist sehr brutal und hat leichten Zugang zu Waffen. Sie ist auf dem Weg dazu, so eingesessen zu werden wie die italienische", sagt der Italiener. Und weiter: "Das ist ein wachsendes Problem, sie sind gefährlicher als etwa albanisch-kosovarische Gruppen, aber erst im Aufbau. Dazu ist teilweise unklar, wie weit es bei den Tschetschenen einen Kontakt zum Terrorismus gibt."
Vor einer ähnlichen Entwicklung – dem Erstarken tschetschenischer Mafiagruppierungen, die von ehemaligen Rotlichtgrößen aus Wien angeführt werden – hatte im Dezember bereits Andreas Holzer vom Bundeskriminalamt in Wien via KURIER gewarnt. Der Leiter der OK-Abteilung forderte mehr Unterstützung von der Justiz. Europol geht da noch einen Schritt weiter und verweist darauf, wie wenig Geld europäische Länder (dazu gehört auch Österreich) beschlagnahmt.
Heuer wurden laut Justizministerium rund zwei Millionen Euro bei Strafverfahren beschlagnahmt, im Vorjahr waren es gerade einmal vier. Wie viel davon von mafiösen Organisationen stammt, könne gar nicht aufgeschlüsselt werden, heißt es.
Weniger als Berlin
"Österreich verzichtet hier auf Geld, das der Staat behalten kann", heißt es bei Europol. Zum Vergleich: Allein die Berliner Justiz hat nur in der eigenen Stadt heuer bereits 9,4 Millionen Euro beschlagnahmt, im Vorjahr 46,7 Millionen Euro. In ganz Deutschland sind es jährlich sogar 200 bis 300 Millionen Euro.
Insgesamt werden in Europa etwa ein bis zwei Prozent des Mafia-Vermögens eingefroren und vom Staat eingezogen, schätzt man bei Europol. Laut Berechnungen des italienischen Journalisten-Netzwerkes "Confiscati Bene" beschlagnahmen allein die großen Staaten wie Frankreich, Italien oder Großbritannien in Summe rund vier Milliarden Euro pro Jahr. "Man kann sich also ausrechnen, wie viel Geld dahintersteckt und was man damit an Macht ausüben kann", sagt ein Europol- Beamter.
Schärfere Gesetze
Ellero verweist auf seine Heimatstadt Venedig: "Fast jedes Lokal ist nun in chinesischer Hand. Teilweise kamen sie mit Aktenkoffern und haben bar bezahlt. Keiner weiß, woher das Geld stammt." Er verweist auf die neue Bahnstrecke von Europa nach China, die auch Kriminellen dienlich sein wird. Der italienische Carabinieri betont, dass Europa dringend bessere Anti-Mafia-Gesetze bräuchte. Schon die Mitgliedschaft in so einer Gruppierung sollte europaweit unter Strafe stehen. Damit könnte auch gegen Rocker vorgegangen werden. Außerdem würde der Staat dann leichter Geld beschlagnahmen können.