Chronik/Österreich

Grüne fordern Schulfach "Ernährungsbildung"

Die Datenlage ist alles andere als eindeutig: Schätzungen zufolge landen in Österreich 460.000 bis 1.000.000 Tonnen Lebensmittel pro Jahr im Müll. Fest steht nur: Die Menge ist zu groß – darin sind sich Politik und Wirtschaft einig. Wie berichtet, organisiert Staatssekretärin Sonja Steßl im Auftrag des Bundeskanzleramtes daher ein Gipfeltreffen. Am Runden Tisch sollen Vertreter von Bund, Ländern, NGOs und Supermarktketten erörtern, wie Lebensmittelabfälle reduziert werden können.

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Oberösterreichs Umwelt- und Konsumentenschutz-Landesrat Rudi Anschober, der eine Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2020 anstrebt, geht das offenbar nicht schnell genug. Deshalb startete der Grüne bereits im April eine parlamentarische Bürgerinitiative, die auf die Einführung des Schulfaches "Ernährungsbildung" abzielt.

Damit sich der Nationalrat mit dem Anliegen befassen muss, bedürfte es 500 Unterschriften. Schon jetzt sind es mehr als 1200. Noch bis September können auf der Parlamentshomepage online Unterstützungserklärungen abgegeben werden.

Anschobers Ansinnen: Der Themenbereich "Ernährung, Kochen, Gesundheit und Verbraucher-Bildung" möge in den Unterricht an Volksschulen, allen Schulen der Sekundarstufe 1 inklusive AHS-Unterstufe Eingang finden. Zudem solle eine praxisnahe Ausbildung der Lehrer sichergestellt werden.

Vorbild Frankreich

Das oö. Umweltressort setzt bereits etliche Initiativen zur Bewusstseinsbildung um. Sei es in Form der Info-Kochshow, in der der Landesrat beweist, dass auch hässliches Gemüse gut schmeckt. Oder durch Unterstützung von Nahrungsmittel-Tauschplattformen wie myfoodsharing.at.

Um die Lebensmittelabfälle in fünf Jahren um die Hälfte zu reduzieren, schwebt Anschober nun – auch abseits der parlamentarischen Initiative – eine Reihe von Maßnahmen vor.

Einen Anfang machen Beratungsinitiativen für alle Verursacher von Lebensmittelverschwendung – von Privaten, über die Gastronomie und Großküchen, bis hin zu Handel und Verkauf. Ein weiterer Schritt müsse eine verbesserte Struktur an Sozialmärkten sein – "weiße Flecken", also Regionen ohne derartige Einrichtung, sollte es nicht mehr geben.

Und schließlich gelte es, gesetzlich dem französischen bzw. wallonischen Vorbild zu folgen (der KURIER berichtete): "Ich halte viel davon, dass Supermärkte dazu verpflichtet werden, übrig gebliebene Lebensmittel zuerst einmal Sozialinitiativen anzubieten", sagt Anschober.

"Moralisches Desaster"

Auch für Grünen-Chefin Eva Glawischnig ist die Vernichtung Hunderttausender Lebensmittel jährlich "ein moralisches Desaster". Mittels Entschließungsantrag forderte sie im Nationalrat die Bundesregierung auf, "ein Maßnahmenpaket gegen Lebensmittelverschwendung zu erarbeiten".

Weiters müsse die lückenhafte Datenlage im Bezug auf Lebensmittelabfälle verbessert werden. Bis Jahresende solle dem Nationalrat ein entsprechender Bericht vorgelegt werden.