Glatt oder struppig? Wie sich Honig- und Wildbienen unterscheiden
Von Petra Stacher
Langsam kämpft sich eine Blume durch die vom Winter noch feuchte Erde und entfaltet ihre Blüte. Und so schnell kann man gar nicht schauen, sitzt schon eine Biene darauf. Doch nicht immer sieht dieser summende Besucher gleich aus. Die einen haben einen glatten Hinterleib, die anderen sind struppig und fast schwarz, wiederum andere leuchten am Hintern orange – um ein paar zu beschreiben.
Ja. Die Vielfalt in der Bienenwelt ist groß. Wer da den Überblick behält? Johann Neumayer. Der Biologe beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Wildbienen und weiß, wie sie sich von den Honigbienen unterscheiden.
Etwa 700 Bienenarten gibt es in Österreich. „Ganz genau kann man das nie sagen. 20 bis 30 Arten sind seit Jahren nicht gefunden worden. Vielleicht waren einige auch gar nicht heimisch“, erklärt Neumayer. Fix ist aber: Von den 700 Bienenarten ist eine die Honigbiene. Die meisten anderen „leben ohne Staat. Drei Viertel der Arten leben in der Erde. 20 Prozent in Totholz. Spezialisten sogar in Schneckenhäusern.“
Die Hummel als Cousine
Das heißt, während die Honigbiene mit 30 bis 40.000 Gleichgesinnten – ein gesunder Bienenstock im Sommer – zusammen lebt und ein Volk bildet, sind die meisten anderen solitär unterwegs.
Und das funktioniert etwa so: Das Wildbienen-Weibchen beginnt ein Nest – oft eben einen Gang in die Erde zu graben. „Der kann bis zu einem Meter lang sein.“ Trägt dort Blüten-Pollen ein und legt bis zu 20 Eier aus denen Larven schlüpfen, die sich voll versorgt verpuppen. Ist der Winter vorüber, schlüpfen diese und beginnen die nächste Generation – jeder für sich.
Als Zwischenform kann man hingegen Hummeln bezeichnen. 45 Arten gibt es in Österreich. Sie zählen ebenso zu den Wildbienen, sind aber die nächsten Verwandten zur Honigbiene. Wie die meisten Wildbienen leben sie einjährig und solitär, Letzteres aber nur im Frühling. Im Sommer und Herbst zeigen sie soziales Verhalten.
„Alle Hummeln, die jetzt im Frühjahr fliegen, sind Königinnen“, erklärt Neumayer. Auch sie gründen dann ein Nest – viele müssen sich dafür ein Mäusenest erkämpfen. Der Unterschied: Die Töchter und gleichzeitig ersten Arbeiterinnen schlüpfen gleich nach vier Wochen. Je nach Art entstehen kleine Völker mit etwa 40 oder große mit bis zu 600 Individuen.
Verteidigung
Im Sommer kommt dann der „Switchpoint“: Es werden keine Arbeiterinnen, sondern nur mehr junge Königinnen und Männchen zur Begattung erzeugt. „Hummeln, die August und September nur umadumsitzen. Das sind die Männchen“, lacht Neumayer über die Gemeinsamkeit mit der Honigbiene.
Nicht gemeinsam haben sie aber das Aussehen. „Einige Wildbienen kann man zwar fast nicht von der Honigbiene unterscheiden. Viele haben wie die Hummeln aber längere Haare. Sie können deshalb schon bei niedriger Temperatur fliegen. Die schwärzere Farbe speichert die Sonnenstrahlung besser.“ Einen Stachel haben aber alle Bienenarten. „Bei manchen ist er nur schon so rückgebildet, dass er nicht durch die Haut kommt“, so Neumayer.
Denn die meisten Wildbienen benötigen ihn nicht. „Je kleiner die Nester, umso defensiver. Honigbienen haben mehr zu verteidigen.“
Heikle Esser
Trotz des oft titulierten Bienensterbens nimmt die Anzahl der Bienenarten zu. „Die Sache ist so, dass anspruchsvolle Arten zwar zurückgehen. Wärmeliebende und nicht so anspruchsvolle rücken dafür nach. Zirka ein Drittel ist spezialisiert, was den Blütenbesuch angeht“, sagt der Experte. Hummeln gehören da nicht dazu.
Wer Honigbienen, Hummeln und andere Wildbienenarten bei der Arterhaltung unterstützen möchte, solle laut Neumayer nicht auf den Online-Handel zurückgreifen. Kann man doch bereits Larven in einer Kartonröhre kaufen und diese dann in ein Insektenhaus einsetzen. „Oft verbreitet man dadurch Krankheitserreger, die einheimische Arten sterben lassen.“
Besser sei es, den eigenen Garten bienenfreundlich zu gestalten. Denn: „Wirklicher Naturschutz ist, mehr Blütenangebot zu schaffen.“ Dann summen die Bienchen von ganz allein heran.
Blütenangebot
Honigbienen sind wählerisch, Wildbienen dagegen einfach. Alle Bienenarten kann man aber auf die gleiche Weise unterstützten, und zwar mit dem Blütenangebot im Garten, auf der Terrasse oder am Balkon
Feinschmecker
Prinzipiell werden von Bienen alle Sträucher, Obst-, Beeren- und Gewürzpflanzen bestäubt. „Wenn ich selber was davon hab’, haben auch die Bienen was davon“, so der Experte. Großes Plädoyer gibt es auch für die Weiden und Blumenwiesen
Insektenhäuser
Wichtig ist, dass dafür Laubholz verwendet wird, alles andere harzt zu sehr. Schilfhalme gehen auch. Das beste Insektenhaus ist Totholz, das man liegen lässt oder ein Baum, der abstirbt