Chronik/Österreich

Gezerre um Hannibal-Inszenierung in Sölden

Um die für Freitagabend angesetzte, szenische Darstellung der Alpenquerung des Feldherren Hannibal, die seit dem Jahr 2001 auf rund 3.000 Metern Seehöhe auf einer Piste im Tiroler Sölden aufgeführt wird, gibt es ein beträchtliches Gezerre. Bis dato liegt unter anderem kein rechtskräftiger naturschutzrechtlicher Bescheid vor. Der Landesumweltanwalt sah nicht sich mit einer Beschwerde am Zug, sondern Politik und Behörde müssten entscheiden.

Der Veranstalter will an dem Event festhalten. Das Land beschränkte sich auf APA-Anfrage Mittwochabend vorerst auf die Darstellung der rechtlichen und behördlichen Voraussetzungen. Der positive, naturschutzrechtliche Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst - dabei geht es etwa um die Verwendung von Kraftfahrzeugen wie Pistenbullys, Motocrossmaschinen und Skidoos - sei am 5. April ergangen und habe eine vierwöchige Rechtsmittelfrist zur Folge. Diese läuft also bis nach dem "Gletscherschauspiel Hannibal" an diesem Freitag. "Sollte innerhalb dieser Frist kein Rechtsmittel erhoben werden, ist der ergangene Bescheid rechtskräftig", hieß es. Man habe es derzeit also mit einem rechtswirksamen Bescheid zu tun, der noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Rechtskräftig werde er nur bei Rechtsmittelverzicht bzw. Auslaufen der Frist.

Unklarheiten

Unklar blieb vorerst, ob der Landesumweltanwalt mit einer Beschwerde vor dem Event ebendieses noch stoppen könnte. Sollte dieser eine Beschwerde gegen den Bescheid einreichen, gebe es keine "rechtsgültige Bewilligung", sagte Tirols LHStv. und Umweltlandesrätin Ingrid Felipe der "Tiroler Tageszeitung". Die aufschiebende Wirkung sei von der Behörde zudem nicht dezidiert ausgeschlossen worden, hieß es in dem Bericht.
 

Alle Inhalte anzeigen

Landesumweltanwalt Walter Tschon will sich aber offensichtlich nicht die heiße Kartoffel bzw. schwarzen Peter zuschieben lassen. Gegenüber "TT" und ORF Tirol machte er klar, dass er Politik und Behörde in der Verantwortung sah. Und übte scharfe Kritik - etwa daran, dass die Einspruchsfrist erst zwei Wochen nach der Veranstaltung endet. Tschon sprach in Bezug auf Politik und Behörden von einem "unzureichenden Verfahrens- und Entscheidungsmanagement". Dieses würde nicht im Einflussbereich des Landesumweltanwaltes liegen. Der Fristenlauf könne nicht gewahrt und eingehalten werden, das Einbringen einer Beschwerde stelle sich für ihn nicht. Sofern nicht der Antragsteller das alles zu verantworten habe, "müssen sich die Verantwortlichen schon die Frage stellen, wie gehen wir jetzt mit dieser sehr heißen Kartoffel um", erklärte der Landesumweltanwalt gegenüber dem ORF.

Alle Inhalte anzeigen

"Eine Beschwerde des Landesumweltanwaltes braucht es nicht. Der Bescheid wird nicht rechtskräftig - jedenfalls solange nicht kumulativ alle Bescheide rechtskräftig vorliegen", stellte Tschon gegenüber der APA weiters klar. Denn es gehe nicht nur um die naturschutzrechtliche Bewilligung. So befindet sich der am 12. April bei der Abteilung Umweltschutz eingegangene Antrag auf eine naturschutzrechtliche Genehmigung für geplante Außenlandungen von Hubschraubern aktuell noch "im Parteiengehör", informierte das Land. Und die luftfahrtrechtliche Genehmigung sei zwar erteilt worden, aber die Verwendung eines Bundesheerhubschraubers sei nicht gestattet worden.

Ukraine-Krieg

In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Kritik von Umweltorganisationen an dem Schauspiel gegeben - unter anderem wegen der Emissionsbelastung und Beeinträchtigungen des Gletschers. Diesmal hagelte es aber auch aus einem anderen Grund Kritik an der Inszenierung von politischer Seite - und zwar wegen des Ukraine-Krieges. Man empfand sie als unpassend. So hatte sich auch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) skeptisch gezeigt. Er könne die Kritik nachvollziehen und habe dies den Veranstaltern - Tourismusverband, Bergbahnen und Red Bull - auch mitgeteilt, ließ der Landeshauptmann wissen. Man müsse sich Gedanken darüber machen, ob die Veranstaltung zeitgemäß sei. Grünen-Landeshauptmannstellvertreterin Felipe empfand die Vorstellung im heurigen Jahr als "besonders geschmacklos".

Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden, wollte davon aber nichts wissen. Die Veranstaltung mit dem Krieg in der Ukraine in Verbindung zu bringen, sei für ihn "weit hergeholt". Von internationalen Medien gebe es gutes Feedback. Man wollte daran festhalten. Und dies such trotz der nunmehrigen, behördlichen Genehmigungs-Kalamitäten, wie der ORF Tirol Mittwochabend berichtete.

300 Darsteller

Die Alpenquerung soll mit Pistenbullys, Flugzeugen, Tänzern, Helikoptern und Extremsportlern quasi "nachgestellt" werden. Auf die Werbetrommel schlug man im Vorfeld jedenfalls gehörig: Pistenbullys würden zu Elefanten, hunderte Skifahrer und Paraglider den Horizont erleuchten und mit spektakulärem Licht zur realen Immersion verschmelzen. "Sorgfältig choreografiert, minutiös inszeniert und perfekt organisiert" würden über 300 Darsteller auf eine Bühne aus Eis und Schnee treten. Es handle sich um eine "Show, die mit nichts vergleichbar ist, die vermutlich größte zeitgenössische Performance der Welt", priesen Tourismusverband und Bergbahnen Sölden die Veranstaltung.