Chronik/Österreich

Geld für Endlagerung von Atommüll geboten

Auf der Suche nach einem geeigneten Atommüll-Endlager lässt die tschechische Regierung nichts unversucht. Seit Jahren kommen die Behörden nicht vom Fleck, weil die möglichen Standortgemeinden ihre Mitarbeit verweigern. Jetzt lässt das Wirtschaftsministerium Millionen springen, um die Diskussionsbereitschaft der Bürgermeister in den betroffenen Kommunen zu erhöhen. Von einem Bestechungsgeld will man aber nicht sprechen. Aus Österreich hagelt es dennoch heftige Kritik. Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) spricht von einem unglaublichen Skandal.

Umgerechnet mehr als zwei Millionen Euro will das Ministerium ausgeben, um mit den Bürgermeistern der insgesamt 53 betroffenen Gemeinden eine bessere Diskussionsbasis zu erzielen. Neben den sieben bereits genannten Standorten werden auch Flächen nahe der beiden bestehenden Atomkraftwerke Temelin und Dukovany (siehe Grafik) ins Spiel gebracht. Darunter sind auch mehrere Bauplätze, die nur wenige Kilometer von der österreichischen Staatsgrenze entfernt liegen.

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Entschädigungen

Jede tschechische Gemeinde soll rund 39.000 Euro erhalten. Der Betrag sei allerdings nur ein Bruchteil jener Summe, die die Bürgermeister schon in der Vergangenheit für Gespräche kassieren hätten können. Wirtschaftsminister Karel Havlicek will jetzt rasch den gesetzlichen Rahmen für Entschädigungen schaffen, um ab 2021 Zahlungen an die Kommunen ermöglichen zu können.

War noch vor Kurzem davon die Rede, dass bis nächstes Jahr die Anzahl der möglichen Standorte auf vier reduziert wird und bis 2025 der endgültige Baugrund feststehen soll, geht man bereits von einer erneuten Verschiebung um mindestens ein weiteres Jahr aus. Allerdings halten die Tschechen nach wie vor an der Inbetriebnahme des Endlagers ab 2065 fest.

Das Problem der tschechischen Regierung: „Die betroffenen Gemeinden sind inzwischen sehr skeptisch und wollen keinen Verhandlungsprozess ohne Spielregeln“, sagt Patrizia Lorenz, Atomkraft-Expertin bei der Umweltorganisation „Global 2000“. Seit die tschechische Agentur für atomare Müllentsorgung namens „Surao“, ohne Kriterien nennen zu wollen, um Genehmigungen für geologische Untersuchungen aller Standorte angesucht hat, sei das Vertrauen in vielen Gemeinden verspielt. Trotzdem zögere die Regierung nach wie vor, das versprochene Gesetz für die Einbindung der betroffenen Gemeinden zu beschließen, sagt Lorenz.

Containerlagerung

Um den schon bisher produzierten Atommüll beobachtet aufbewahren zu können, sei ein Endlager unumgänglich. Allerdings sei statt einer versiegelten Tiefen- eine überwachte Oberflächenlagerung die idealere Lösung. „Es gibt noch kein Material, das den Austritt von Radioaktivität über lange Zeit verhindert. Daher muss ein Umpacken rasch möglich sein“, erklärt Lorenz.

Aus österreichischer Sicht ist klar. „Wir wollen keine Atommüll-Endlager nahe unserer Grenze. Es handelt sich um radioaktive Abfälle, die uns über Jahrtausende Probleme bereiten werden“, sagt Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf: „Dass nun das tschechisches Wirtschaftsministerium eine ,Diskussionsbereitschaft der betroffenen Gemeinden’ mit Millionen-Zahlungen erkaufen will, halte ich für äußerst skandalös“.

So wie Pernkopf verlangt auch der „Waldviertler Energiestammtisch“ endlich ein Umdenken. „Tschechien soll den Export von Atomstrom und die Geiselhaft der Menschen in Tschechien und Österreich beenden und das Geld in Erneuerbar Energien investieren“, sagt Sprecherin Renate Brandner-Weiß.