Chronik/Österreich

Fußballer Taboga: "Habe um mein Leben gefürchtet"

Der ehemalige Fußballprofi könnte bald wieder im Verein die Schuhe schnüren – und er berichtet von dem Moment, als er in einem Wald bedroht wurde.

KURIER: Es ist fünf Jahre her, seit Ihr Fall um die Spielmanipulationen publik wurde. Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?

Dominique Taboga: Mein Leben hat sich seit meinem fünften Lebensjahr nur um den Fußball gedreht. Also hat sich mein Leben komplett verändert. Aber nicht nur beruflich, sondern auch privat, da fast mein ganzer Freundeskreis aus dem Fußball kam. Trotzdem bin ich jetzt sehr glücklich und es geht auch ohne den Fußball.

Dem Fußball haben Sie aber nicht komplett abgeschworen?

Ganz ohne Fußball geht es nicht, denn ich verfolge noch immer sehr interessiert das Geschehen. Außerdem spiele ich noch hobbymäßig mit Freunden einmal die Woche und meine beiden Söhne spielen auch.

Vor einigen Jahren haben Sie unter anderem überlegt, auszuwandern. Wie stehen Sie heute zu dieser Idee?

Den Gedanken bezüglich des Auswanderns habe ich schnell verworfen. Ich lebe seit über zwei Jahren in einer schönen Beziehung mit meiner Lebenspartnerin Andrea. Durch die Scheidung sehe ich meine zwei Jungs leider nur alle zwei Wochen. Aber wir genießen die Zeit mit ihnen.

Straftäter haben es besonders schwer, im Berufsleben wieder Fuß zu fassen. Welchem Beruf gehen Sie aktuell nach?

Seit über drei Jahren bin ich beim Schreibwaren-Fachbetrieb Abraham angestellt und bin mittlerweile für unsere Lieferkundschaften verantwortlich. Ich bin der Familie Abraham auf ewig dankbar, dass sie mir eine Chance gegeben haben. Die Arbeitssuche war schwierig und viele wollten oder konnten mir aufgrund meiner Vergangenheit keine Chance geben.

Sie haben vorhin bereits erwähnt, dass Sie immer noch selbst hobbymäßig Fußball spielen. Reizt es Sie, wieder aktiv in einer Mannschaft zu spielen?

Die Sperre als Fußballer läuft Mitte Dezember ab und ich könnte theoretisch wieder spielen. Aber ich bin fünf Jahre weg vom Fußball und bin nicht jünger geworden. Trotzdem würde ich es mir noch zutrauen, aber da müsste wirklich ein Verein mit einer tollen Vision auf mich zukommen. Anfragen hat es aber immer wieder gegeben.

Prägend in Erinnerung geblieben ist das Spiel Grödig gegen Salzburg am 27. Oktober 2013. Der damalige Schiedsrichter Alexander Harkam pfiff einen Elfmeter, den Sie hätten verursachen sollen, nicht. Zwischen Ihnen gab es ein Wiedersehen, da Harkam als Justizwachebeamter für Sie zuständig war. Wie ging es Ihnen damit?

Selbstverständlich war das eine komische Situation, als ich ihn in der Justizanstalt getroffen habe. Wir haben dann ein längeres gutes Gespräch geführt und über alles vorgefallene gesprochen. Ich war dem Schiedsrichter nie böse, dass er den Elfmeter nicht gepfiffen hat. Im Nachhinein bin ich sogar froh, dass er den Elfmeter nicht gepfiffen hat und die ganze Sache ein Ende hatte.

Während der Ermittlungen tauchte ein Video auf, in dem Sie von einem der Mittäter in einem Waldstück bedroht worden sind. Wie erging es Ihnen in dieser Situation?

Das war ein Augenblick, wo ich um mein Leben gefürchtet habe und ich heilfroh war, dass ich diesen Ort in meinem Auto verlassen konnte. Als ich in den Wald gezwungen wurde, gingen die schlimmsten Befürchtungen in meinem Kopf umher. Die Szene hat mich noch lange verfolgt und war bei der Aufarbeitung sicher eines der schlimmsten Ereignisse.

Sie sind kein Unbekannter in Österreich. Ihr Name ist weit über die Fußballwelt hinaus bekannt. Haben Sie Probleme mit Anfeindungen?

Nein, und ich hatte auch nie mit vielen Anfeindungen zu tun. Die Bemerkungen im Internet, wo sich Leute hinter einem Pseudonym verstecken, habe ich nie wahrgenommen und waren mir egal. Direkt ins Gesicht habe ich meistens nur aufmunternde Worte erhalten, die mir auch Kraft gegeben haben.

Nachdem Sie nicht mit einer aktiven Karriere liebäugeln, streben Sie eine Tätigkeit als Funktionär oder Trainer an?

Ein Weg in den Fußball wäre kein leichter und ich weiß nicht, ob ich mir den antun soll. Denn ich werde immer angreifbar sein. Egal, in welcher Funktion. Meine Funktionärssperre läuft ja noch weitere fünf Jahre und ich darf nicht mal ehrenamtlich etwas in einem Verein tun. Gegen diese Sperre läuft aber noch ein Verfahren. Mir würde auf jeden Fall eine Position im Nachwuchsfußball gut gefallen und ich habe auch die Ausbildungen bis zum Landesverbandstrainer. Die „Droge Fußball“ lässt einen nie richtig los, aber es kann sein, dass ich nie wieder in irgendeiner Funktion im Fußball tätig sein werde. Außer im Garten, wenn ich mit meinen beiden Jungs dem Ball nachjage.

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Wettskandal: „Dann wären sicher viel mehr Spieler aufgeflogen“ 

Es ist der 27. Oktober 2013. FC RedBull Salzburg trifft im Salzburger Derby auf den SV Grödig. In der letzte Minute grätscht Dominique Taboga beim Spielstand von 3:0 Salzburger-Spieler Dusan Svento im Strafraum nieder. Ein klarer Elfmeter. Schiedsrichter Alexander Harkam zeigt aber nicht auf den Punkt. Selbst Taboga ist sichtlich verwirrt.
Der Profifußballer wird daraufhin von der Wettmafia in einen Wald verschleppt, denn er hätte den Elfmeter herausholen müssen. Ein Tschetschene filmt ihn und droht ihm in gebrochenem Deutsch: „Wer bist du? Warum schuldest du uns Geld?“ Der Fußballprofi ist stark eingeschüchtert. „Damit wollten sie ihn erpressen“, schildert Dieter Csefan vom Bundeskriminalamt, der damals die Ermittlungen und die Einvernahmen geführt hat. Taboga erwähnt in dem Clip auch Drahtzieher Sanel Kuljic  und deutet sogar auf ihn. „Dadurch haben wir gewusst, dass der Herr Kuljic involviert ist“, schildert der Leiter der Organisierten Kriminalität.  


Ein Wiedersehen mit dem Schiedsrichter gab es für Taboga im Gefängnis. Denn Schiedsrichter Alexander Harkam ist im echten Leben Justizwachebeamter – und wie es der Zufall will, war dieser dann für ihn zuständig.
Für  den Komplizen  von Taboga, Ex-Profifußballer Johannes L., klickten  auf einer Autobahn die Handschellen. „Er hatte sich mit Hinterleuten in Wien getroffen“, erzählt Csefan. Durch Telefonüberwachung hörte man den Fußballer ab. Als die Niederschrift von Kuljic  an die Öffentlichkeit gelangte, in der auch  L. aufgelistet war, setzte  der Fußballer zur Flucht an. „Er ist mit einem Flixbus (Reisebus, Anm.)  nach Klagenfurt geflüchtet. Wir haben ihn auf der Autobahn aufgehalten und rausgeholt. Ich bin dann mit ihm, wie mit Taboga, nächtelang  zusammen gesessen. Insgesamt zwei Mal. Das erste Mal, wie er uns noch belogen hat. Beim zweiten Mal kam dann die komplette Wahrheit ans Tageslicht“, schildert Csefan. Es folgten zahlreiche Hausdurchsuchungen.
„Bei einer haben wir dann  eine Liste gefunden, auf der 20 bis 25 Spielernamen drauf waren. Und die Schwierigkeit war damals, es allen zu beweisen.“ Die meisten Verfahren wurden eingestellt. „Hätten wir damals den Wissensstand von heute gehabt, hätten wir proaktiv etwas machen können. Dann wären sicher viel mehr Spieler aufgeflogen“, sagt er.