„Für viele geht es um die Existenz“
Von Thomas Martinz
Das Heulen der Motorsägen ist allgegenwärtig in den Wäldern, man hört es aus sämtlichen Himmelsrichtungen. Dutzende Menschen sind damit beschäftigt, ihr Holz aufzuarbeiten. Geschlägert haben sie es nicht selbst, das hat der Sturm in der Nacht auf 30. Oktober für sie erledigt.
Am Boden liegen zahlreiche Jungbäume, die wenig Geld bringen. Überhaupt wird viel zu viel Holz auf den Markt kommen, was den Preis pro Festmeter von 92 Euro auf unter 70 Euro drücken dürfte. Nicht nur das wissen die Landwirte. Für viele geht es ums finanzielle Überleben ihrer Nachkommen, denn der Wald wird erst in 40 Jahren wieder nachgewachsen sein.
Der KURIER ist auf Lokalaugenschein. Von der Million Festmeter Holz, die in Kärnten am Boden liegt, fällte der Sturm 100.000 Festmeter in der 2300 Einwohner zählenden Gemeinde Bad Eisenkappel/Železna Kapla in Südkärnten. Jenes Eisenkappel, das bereits am 12. Dezember 2017 von einem vergleichbaren Sturm betroffen war.
„Seit zehn Monaten räumen wir hier die Sturmschäden weg. Wir dachten, so ein Ereignis kommt nur alle hundert Jahre. Und jetzt das. Der Wind hat das Dach meines Hauses weggefegt und den Stall abgedeckt. Den Schaden im Wald kann ich nicht beziffern“, sagt Landwirt Herbert Kogoj.
„Anderen Job suchen“
„Und jetzt muss ich Leute einstellen, Geräte mieten, damit ich Holz aufarbeiten und billig verkaufen kann, obwohl ich das zu diesem Zeitpunkt gar nicht wollte“, erklärt er weiter. Kogoj ist Vollerwerbsbauer, vom Wald abhängig. „Viele Bauern, die ausschließlich auf den Forst setzen, wird es hier bald nicht mehr geben. Mein Bub wird sich wohl einen anderen Job suchen müssen.“
Versichern kann man wohl Sturmschäden an Gebäuden, nicht aber an Bäumen. Wie viel wird der Katastrophenfonds des Landes auszahlen? „Das wissen wir noch nicht einmal von den Dezemberschäden“, betont Hannes Kuchar. Er ist Nebenerwerbsbauer. Auch Cornelia Artunjak wird ihren Hof weiterhin betreuen können, setzt sie doch zusätzlich auf Viehwirtschaft und vermietet Gästezimmer. „Ansonsten könnten wir den Schaden finanziell nicht abfedern. Wir haben elf Hektar Wald und sieben davon liegen“, erzählt sie und lobt die Nachbarschaftshilfe in Eisenkappel.
Generation fällt aus
Helfen will auch die Kommunalpolitik. „Wir müssen jenen Landwirten, die ausschließlich vom Wald leben, neue Standbeine aufzeigen, denn eine ganze Wald-Generation wird ausfallen“, weiß Amtsleiter Ferdinand Bevc.
Bad Eisenkappel ist stark vom Abwanderung betroffen, verlor binnen 30 Jahren fast ein Drittel der Bevölkerung. „Und jetzt geht es für viele Bürger um die Existenz. Die könnten abwandern, weil sie sich anderenorts um Arbeit umsehen müssen“, befürchtet Bürgermeister Franz Josef Smrtnik (Einheitsliste). Die eine Million Euro, die die Gemeinde für die Dezemberschäden berappen musste, drücken aufs Budget. „Eine Gemeinde, die sich nicht entwickeln kann, ist tot. Momentan haben wir keinen Finanzplan, um Sofortmaßnahmen beim Wildbach oder bei Straßen zu veranlassen. Wir sind auf finanzielle Hilfe angewiesen“, appelliert Smrtnik an das Land.