Chronik/Österreich

Flugrettung: Fixstarter bei der Ski-WM

Der nächste Notruf knapp vor 14 Uhr. „Skifahrer in Zauchensee!“ – „Verletzung im Bereich der Wirbelsäule!“ Eine Teetasse wird sofort zur Seite gestellt, der Zipp eines Anoraks zugezogen, ein Rucksack geschultert, der Hubschrauber gestartet. Nur drei Minuten später ist Christophorus 14 in der Luft. An Bord drei Profis und 100 Prozent Konzentration. Zu ihren Füßen der Stützpunkt 14 der ÖAMTC-Flugrettung in Niederöblarn, im obersteirischen Ennstal.„Sind schon über Schladming“, gibt Captain Andreas Wimmer über Funk durch. Während der Ski-WM wird eine Christophorus-Crew dort unten bereit stehen, auch bei den Slalom-Bewerben. Die Stimme des erfahrenen Piloten ist durch die Kopfhörer des Vollvisierhelms zu hören.

Im Umkreis von 50 km kennt er jede Bergspitze. Seine Kommandos sind ruhig, knapp, verständlich. Jeder weiß, was er zu tun hat. Neben ihm Albert Prugger, genannt Api, ein gelernter Berg- und Skiführer, einer der erfahrensten Rettungssanitäter Österreichs. Hinter ihm, neben der Trage, Birgit Jaritz, coole Anästhesistin im LKH Rottenmann.

Teamgeist

Daumen nach oben! Dann sagt die Frau Doktor, die als Kind gerne Pilotin geworden wäre: „Ja, wir sind in diesem Moment voll konzentriert, aber nicht angespannt. Alles gut. Ich kann mich auf meine Kollegen verlassen.“Der Api prüft noch einmal seinen Gurt. Der Verletzte muss aus der Luft geborgen werden. Anders als Benni Raich ist Api schon seit Wochen für die WM qualifiziert. Und dann geht sein Freund Andi wieder einmal kein Risiko ein. Sein Motto in der Luft ist so unverrückbar wie die schneebedeckten Zinnen vor seiner Nase: „Ich bin zuerst meinem Team verpflichtet. Weil der Patient auch nichts davon hätte, wenn wir hier unser Leben riskieren.“Behutsam setzt er den Hubschrauber an den Rand der Piste. Seine Instrumente zeigen 1800 m Seehöhe an.Jetzt muss alles schnell gehen!

Die Ärztin und der Sanitäter springen aus dem Helikopter, hantieren kurz mit einem Tau und ihren Karabinern. Jeder Griff ist einstudiert. Sitzt. Dann hebt ihr Pilot wieder ab und setzt die beiden am Tau fixierten Nothelfer knapp oberhalb der Unfallstelle ab. Landen kann er dort nicht.Vom Start weg sind nur wenige Minuten vergangen. Gute Nachricht über Funk: Der Skifahrer ist transportfähig. Und ansprechbar. Er bekommt ein Medikament gegen den Schmerz, wird dann vorsichtig auf die Vakuummatratze gelegt. Im Bergesack geht auch er kurz in die Luft, zurück zum Zwischenlandeplatz, wo er sofort umgebettet und im Bauch des Christophorus verstaut wird. Elf Minuten später Landung auf dem Dach des Krankenhauses in Schwarzach.

Die Ärztin schreibt in diesen Minuten den Unfallbericht, lässt dabei den nicht allzu schwer verletzten Skifahrer nie aus den Augen. Später wird sie sagen: „Wir sind schnell, kommen überall hin, aber Wunder können wir auch keine bewirken.“ Fix ist hingegen: Die frühe medizinische Erstversorgung und die entsprechende Schmerztherapie dazu helfen, den oft langwierigen Heilungsprozess zu verkürzen.

Glücksgefühl

Auf dem Krankenhaus-Dach wird der Patient schon erwartet. Alles ist vorbereitet, auch für eine Operation. Während der eingespielten Übergabe berichtet der Arzt: „Das ist bereits der fünfte Hubschrauber innerhalb von zwei Stunden.“ Skifahren ist heute nationaler Hochrisiko-Sport. Spürbar die Entspannung beim Heimflug. Captain Wimmer erinnert sich wieder daran, was ihm vor Jahren ein Ausbildner mit auf den Weg gegeben hat: „Als junger Pilot bekommst du zwei Sackerln.

Eines ist für die Erfahrung, das ist am Anfang so gut wie leer. Das zweite ist für das Glück, das sollte am Ende deiner Karriere nicht ganz leer sein.“Die schönsten Momente als Pilot beschreibt er so: „Wenn man auf den Stützpunkt zurückkommt und der behandelnde Arzt anruft und durchgibt, dass es dem Patienten gut geht.“ So oder so, das Beruhigende für seine Kollegen, die erneut sicher in Niederöblarn von Bord gehen können: Beide Sackerln vom Andi sind heute nahezu voll.