Chronik/Österreich

Fehlalarm: "Dilettantisches Innenministerium"

Es war ein Schock für die Bürger in Unterpremstätten-Zettling, Steiermark: Dort befindet sich seit Tagen ein Transitquartier für Migranten, die auf die Weiterreise nach Deutschland warten. Doch dann wurden vom Innenministerium plötzlich ohne Vorwarnung 757 Asylwerber angeliefert. Also Menschen, die bleiben wollen. Das war den fremdenfreundlichen Unterpremstättnern zu viel. Der empörte Bürgermeister Anton Scherbinek warf dem Innenministerium Dilettantismus vor – das Ministerium ruderte umgehend zurück.

An das Transitlager in der Schwarzl–Halle haben sich die 3964 Bürger der Autobahn- und Flughafen-Anrainergemeinde südlich von Graz schon gewöhnt. Bis zu 1000 Migranten werden betreut. Und zwar solche, die am nächsten Tag nach Deutschland weiterfahren.

Ohne Absprache

Doch am Mittwoch wurden dem Arbeitersamariterbund 757 Asylwerber avisiert. Demnach sollte das bisherige Transitlager plötzlich als Grundversorgungseinrichtung betrieben werden – was angeblich auch ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte. Das ging den Steirern zu weit. Sie wollen die Halle eigentlich ab Oktober wieder für Veranstaltungen nutzen. Und in weiterer Folge, sagt Bürgermeister Scherbinek zum KURIER, würde auch das umliegende Freizeitzentrum für die Bevölkerung wieder benötigt. Scherbinek: "Es gibt bei uns auch Menschen, die sich keinen Urlaub leisten können. Für die ist diese Anlage da."

Dem Bürgermeister stößt vor allem die fehlende Kommunikation des Innenministeriums auf. Er sei nicht über den Plan informiert worden, die Schwarzl-Halle in ein dauerhaftes Asylquartier umzuwandeln. Scherbinek: "Wenn ein Ministerium von Wien aus regiert und nicht mit uns redet – weil wir wissen ja, was ein Ort verträgt oder nicht – dann ist das für mich vollkommen falsch und dilettantisch, wie man diese Flüchtlingskrise in den Griff bekommen will."

Der Hintergrund ist ein opulentes Kommunikations-Desaster des Innenministeriums. Denn Ministeriumssprecher Alexander Marakovits erklärt, dass es gar nicht geplant sei, ein Dauer-Asyllager in Unterpremstätten einzurichten. Wohl handle es sich diesmal um Asylbewerber, aber die würden so rasch wie möglich wieder in andere Quartiere verlegt. Marakovits: "Wir hatten in der Nacht nur wenige Stunden Zeit zur Entscheidung, sonst wären diese Menschen obdachlos gewesen." Und in der Nacht sei es eben auch schwierig, einen Bürgermeister anzurufen.

Am Hauptbahnhof in Salzburg stoßen die Behörden langsam an ihre Kapazitätsgrenzen. Derzeit kommen mehr Menschen in Salzburg an, als nach Deutschland ausreisen dürfen. Am Mittwoch erreichten etwa 2100 Flüchtlinge Salzburg, 1500 konnten im Lauf des Tages die bayerische Grenze passieren.

Von Mittwoch auf Donnerstag verbrachten rund 1300 Menschen die Nacht am Bahnhof und in der dazugehörigen Tiefgarage. Nun zieht der Salzburger Bürgermeister, Heinz Schaden (SPÖ), die Notbremse. Derzeit sei die Garage beinahe durchgehend mit mehr als 1000 Menschen belegt. Dies sei aus sicherheitstechnischen, medizinischen, hygienischen und humanitären Gründen nicht länger zu verantworten, teilte Schaden in einer Aussendung mit. Die Zahl der Plätze werde künftig mit 800 limitiert. Ursprünglich sollte die Bahnhofsgarage Platz für 450 Menschen bieten.

Am Grenzübergang zu Freilassing, wo sich seit Tagen die Menschen zur Einreise nach Deutschland anstellen, kam es am Mittwoch zu Handgreiflichkeiten. Ein 22-jähriger Afghane attackierte einen 18-jährigen Syrer. Der Leichtverletzte wurde ambulant behandelt, der Auslöser des Streits war zunächst unbekannt. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) ordnete angesichts des schlechten Wetters die Versorgung der Flüchtlinge direkt an der Grenze an. Unterdessen bittet die Salzburger Caritas um Spenden von Lebensmitteln und Hygieneartikeln.

Impressionen vom Salzburger Hauptbahnhof:

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