"Falscher Vater" will Schadenersatz
Horst W. kann sich noch gut an jenen Tag Anfang Jänner 2015 erinnern, der sein privates Glück auf eine harte Probe gestellt hat. Im Postkasten fand der Deutsche einen Brief des Bezirksgerichts Hallein vor. Darin wurde er – wie berichtet – aufgefordert, den Unterhaltsvorschuss für einen damals fünfjährigen Buben aus Kuchl (Salzburg) zu leisten, dessen Vater er sein sollte. Mindestens 200 Euro wären pro Monat fällig gewesen. Bis zum Jahr 2020.
"Ich war fassungslos", sagt der 32-Jährige aus Leverkusen. Die Mutter des Kindes kannte er nicht. W. erinnerte sich an einen Anruf der Kriminalpolizei im Jahr 2011 zurück – sein Ausweis war in Österreich von einem Unbekannten verwendet worden. Der Verlust des Dokuments lag da bereits vier Jahre zurück.
Für den Deutschen begann ein langwieriger Kampf mit der österreichischen Bürokratie. "Es war alles sehr hektisch. Ich musste so schnell wie möglich einen Anwalt organisieren. Anfangs wollte aber niemand den Fall übernehmen", schildert W. die Tage, nachdem er den Brief erhalten hatte. Am 15. Juni kam es am Bezirksgericht Hallein zu einer Verhandlung. "Das Gericht hat dabei festgesetzt, dass ich nicht der Vater sein kann, weil ich nie Geschlechtsverkehr mit dieser Frau hatte. Das hat sie auch so ausgesagt."
Behörde ignorierte Urteil
Das Gericht erklärte die Vaterschaftsanerkenntnis für unwirksam. Die Forderung blieb dennoch bestehen. "Das Jugendamt wollte das Urteil nicht wahrhaben. Die haben einen Sündenbock gebraucht, der zahlt", empört sich der 32-Jährige. Erst als er sich bei der ORF-Serie "Am Schauplatz Gericht" meldete, zog die Behörde zurück. Halleins Bezirkshauptmann Helmut Fürst beteuert, er habe erst im Oktober durch den Anruf der Journalisten von dem Fall erfahren. "Am nächsten Tag habe ich angewiesen, dass alle Rekurse unsererseits zurückgezogen werden." Seine Mitarbeiter hätten über das Ziel hinausgeschossen. "Das Wohl des Kindes stand im Vordergrund", sagt Fürst. Erst Mitte Dezember beendete der Oberste Gerichtshof (OGH) die Posse endgültig.
Ausgestanden ist die Causa für W. nicht – trotz des OGH-Urteils zu seinen Gunsten. Seine Anwaltskosten belaufen sich auf mehr als 4000 Euro. Für den Koch in einer Betriebskantine "verdammt viel Geld". Der Geschädigte musste eigenen Angaben zufolge einen Kredit aufnehmen. Eine Schadenersatzklage steht im Raum. "Wir müssen das noch überlegen, aber die Möglichkeit gibt es, ja", sagt Karl-Heinz Pühl, der Anwalt von Horst W.
Mitleid mit Mutter
Der Geschädigte wartet bis heute auf eine Entschuldigung der Halleiner Behörden. Für die Mutter des Kindes empfindet Horst W., selbst Vater eines fünfjährigen Sohnes, Mitleid. "Die Frau hat sich bei mir entschuldigt. Das fand ich sehr nett. Sie kam mir verzweifelt vor. Sie hat einen Mann geliebt, den sie nicht wirklich kannte."
Die Suche nach dem wahren Vater des Kindes läuft weiter. Rund zehn Hinweise aus Oberösterreich, der Steiermark und Salzburg sind eingegangen. "Mit ziemlicher Sicherheit wird der Täter festgestellt", meint Polizei-Sprecherin Valerie Hillebrand. Details gebe man in den kommenden Tagen bekannt.