Chronik/Österreich

"Tut sich Patient was an, droht uns Anklage"

Der Fall des Klagenfurters Bernhard T., der wegen eines Facebook-Postings in der Psychiatrie landete, hat für Schlagzeilen gesorgt. Auch die geschilderten Zustände im Klinikum Klagenfurt sorgten für Verwunderung. Der KURIER traf den Vorstand der Psychiatrie Klagenfurt, Primarius Herwig Oberlerchner.

KURIER: „Vielleicht ändert sich was, wenn ich mich umbringe?“ hat ein Mann gepostet, es entfernt und beteuert, dass es nicht ernst gemeint war. Warum ist er auf der Psychiatrie gelandet?
Herwig Oberlerchner:
Wir gehen nach einer Checkliste zur Überprüfung des Risikoprofils vor und hier sind mehrere Faktoren zusammengekommen: die Ankündigung, die Alkoholisierung und die Vorgeschichte (der Betroffene leidet seit 20 Jahren an Depressionen, Anm.).

Warum werden nicht behandelnde Ärzte oder Angehörige befragt, sondern wird eingeliefert?
In Kärnten gab es im Jahr 2010 110 Selbstmorde und damit mehr als doppelt so viele wie Verkehrstote. Aber man kann Suizide verhindern. Für die Einschätzung der Gefährdung brauchen wir allerdings Zeit. Deshalb kommt der Betroffene vorerst in die Klinik.

Der Mann hat beklagt, dass er vor die Wahl gestellt wurde, freiwillig zu bleiben oder per Gerichtsbeschluss bleiben zu müssen.
Die Behandlung kann laut Gesetz freiwillig oder unfreiwillig erfolgen. 37 Prozent werden vorerst gegen ihren Willen festgehalten, um eine Gefährdung hintanzuhalten. Manchmal können Patienten auch nach einer Stunde nach Hause, wenn die Gefahr gebannt ist.

Welche Chance gibt es, früher hinauszukommen?
Der Patient muss glaubhaft machen könne, dass er sich von seiner Ankündigung distanziert hat. Andererseits brauchen wir dann eine Betreuungsalternative durch Familie, Freunde, Kollegen, die sich um ihn kümmern.

Warum wird dieses Gesetz denn so rigoros gehandhabt?
Bei Suizid-Ankündigungen ist ein Mensch in großer seelischer Not. Nehmen wir das nicht ernst, lassen ihn gehen und er tut sich danach etwas an, droht uns eine Anklage.