Chronik/Österreich

EU fördert mittelalterlichen Burgbau

Das Klopfen eines Steinmetzes ist im Wald bei Friesach, Bezirk St. Veit in Kärnten, zu hören. Unterbrochen vom Sägen der Zimmerleute und gefolgt vom Geräusch eines Ambosses. Man nimmt ein Schnauben und Hufschlag wahr; ein Pferd wird sichtbar, das mit einem Fuhrwerk Kalksteine auf den Berg zieht.

In Friesach wird eine Burg errichtet. Eine mittelalterliche Burg. Dies geschieht jedoch nicht mithilfe moderner, sondern herkömmlicher Geräte und Methoden. Also mit der Kraft von Mensch und Tier. Die EU hat soeben beschlossen, dieses Projekt ab 2017 mit rund zwei Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds zu fördern, weil hier ältere und schwer vermittelbare Arbeitnehmer beschäftigt und wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden.

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"Ich bin seit dem Projektstart im Jahr 2009 hier tätig. Heutzutage muss jeder froh sein, einen Job zu haben und für mich erfüllt sich zusätzlich ein Bubentraum. Ich wollte schon immer eine richtige Burg bauen", sagt Zimmerer Heribert Leitner und wendet sich wieder seinem acht Meter hohen Holz-Kran zu. Wenn dieser in eineinhalb Monaten voll funktionstüchtig sein wird, soll er Steine und Mörtel auf den zu errichtenden Turm heben.

Bis zur Pensionierung

Der Beobachter fühlt sich ins Mittelalter zeitversetzt: Sägearbeiter, Tischler, Maurer eilen geschäftig in ihrem Leinengewändern durch den Wald, rasch wird deutlich: es handelt sich um harte körperliche Arbeit. Die 25-jährige Tanja Salbrecher aus Weitensfeld, eine von sechs Frauen, die hier beschäftigt sind, winkt ab: "Man gewöhnt sich. Ich will bis zur Pensionierung am Burgbau mithelfen." Sie hat hier die Ausbildung zur Fuhrwerkerin abgeschlossen. Die gibt’s mit Diplom.

Es könnte sich übrigens mit der Pensionierung ausgehen, denn das österreichweit einzigartige Projekt wurde auf rund 35 Jahre ausgelegt, wie Bauleiter Gerald Krenn betont. Die Finanzierung ist mit der soeben garantierten EU-Unterstützung zumindest bis Ende 2020 gesichert. Bisher teilten sich die Stadt Friesach, das Land Kärnten und das AMS Kärnten die Kosten von 1,1 Millionen Euro jährlich.

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Nun werden vom Europäischen Sozialfonds per anno 450.000 Euro ausgeschüttet – gekoppelt an Auflagen. "50 Personen werden beschäftigt. Das Projekt richtet sich an Menschen, die seit einem Jahr arbeitslos sind sowie an Personen, die älter als 50 und am Arbeitsmarkt schwerer integrierbar sind", erklärt Krenn. Weiters werden soziale Randgruppen, Personen mit Migrationshintergrund und Frauen speziell berücksichtigt.

Ein Knochenjob

"Bei dieser Tätigkeit weist es sich rasch, wer arbeiten kann. Wenn wir Anfang April beginnen, hat es in der Früh vier Grad, der Wind bläst durch die Hütten und es ist teilweise Knochenarbeit", fügt Krenn hinzu. Doch so schaffen die Schmiede laufend neue Werkzeuge, baut der Zimmermann Gerüste und Leitern, behaut der Steinmetz das Material für das Mauerwerk, stellt die Flechterin Körbe für den Transport her und werden in der Seilerei Schnüre und Stricke aus Hanffasern hergestellt.

Die Attraktivität steigt mit dem Baufortschritt: 22.000 Gäste haben sich 2015 in der von April bis Oktober für Besucher geöffneten Einrichtung davon überzeugt. Und 200 Personen konnten laut AMS Kärnten seit dem Jahr 2009 beim Burgbau beschäftigt werden bzw. über diese Schiene am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen.