„Eine führende Hasspredigerin“
Der Beginn ist noch albern, irgendwie sogar witzig. Da stehen zwei Angeklagte - Präsidentin und Vizepräsident ihres selbst gegründeten „ Staatenbundes“ - partout stramm und wollen sich nicht setzen. Oder gar ihre Namen bestätigen. Stattdessen fordern sie von der Richterin, sich zu legitimieren.
„Es wird kein einfaches Verfahren werden“, kommentiert der Staatsanwalt und nimmt damit vorweg, was im Lauf des ersten Prozesstages gegen 14 sogenannte Staatsverweigerer in Graz mehrmals geschehen wird. Die Richterin lässt sich die Zwischenrufe nicht länger gefallen und Angeklagte immer wieder abführen: „Jetzt ist Ruhe. Das ist nicht Ihre Bühne, sondern unsere. Ich führe hier Regie.“
Drei Stunden später ist die Atmosphäre eine andere. Der Staatsanwalt erläutert seine 400 Seiten dicke Anklageschrift gegen die fünf Frauen und neun Männer ausführlich. Er vergleicht mit dem Vorbild des „Staatenbundes“, den „Reichsbürgern“ in Deutschland sowie totalitären Ideologien – von Nazis zu Islamisten. Die betrachteten sich als Elite, die über anderen stehe. Nichts anderes hätten die Angeklagten gemacht. „Sie bezeichnen sich als Menschen aus Fleisch und Blut. Wir Übrigen sind nur Personen mit Handelsrecht, die es zu bekämpfen gilt. Damit heben Sie sich über die staatliche Ordnung.“
2700 Anhänger soll der Staatenbund in nur eineinhalb Jahren angeworben haben. Das sei eine Menge an Menschen, betont der Ankläger und gesteht ein, dass die Justiz selbst davon überrascht wurde. „Wir haben nicht vorhergesehen, dass sich das so entwickelt wird.“
Wie bei IS-Verfahren
Schlüsselfigur sei die Präsidentin, eine 42-jährige Steirerin: „Sie hat ihren Zuhörern Österreich als Unrechtsstaat verkauft. Sie hat Angst und Hass geschürt.“ Dann verwendet der Ankläger eine Begriff, den man sonst nur aus IS-Verfahren kennt: „Sie war eine der führenden Hassprediger Österreichs.“
Eigenes Staatsgefüge, eigene Regeln, eigene Gesetze sollten mithilfe eines staatlichen Instruments durchgesetzt werden, dem Bundesheer: „Sie wollten Verhaftungen und eine Übergangsregierung“, beschreibt der Staatsanwalt. Das gibt es sogar schriftlich. 216 Personen Politiker, Richter, Beamte wollte der „Staatenbund“ verhaftet sehen. Weil das Heer nicht weiter tat, schrieb man einen Brief nach Russland, von Präsidentin zu Präsident, Amtskollegen quasi: Wladimir Putin möge doch einmarschieren.
Propaganda
Allerdings wundert es den Ankläger, dass es nicht dutzendfach Anzeigen gegen die Partie hagelte. „Da sitzen Hunderte Leute im Gasthaus und klatschen, wenn die Frau Präsidentin sagt, jetzt nehmen wir die Regierung fest und schicken denen die Militärpolizei.“ Es mag an der Rhetorik gelegen haben: Der „Staatenbund“ behauptete, jeder Mensch hätte schon bei der Geburt Recht auf zehn Milliarden Euro, doch das Geld würde weggenommen: „Von jüdischen Eliten, die sie versklaven und niederhalten.“ Eine Sprache, die Vorbilder hat in der Geschichte.
Es gab tatsächlich Menschen, die auch heute noch diese Propaganda ernst nahmen, schildert der Staatsanwalt. So ernst, dass sie auf Anraten der Präsidentin keine Kreditraten mehr gezahlt hätten. „Diese Menschen haben alles verloren, ihre Häuser, ihre Existenzen, nur weil sie den Hasspredigten geglaubt haben.“
Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. Urteile werden frühestens Mitte Dezember erwartet.