Ein Bürgermeister zum Anklicken
Von Markus Foschum
Andreas Babler mit Familie beim Landesligamatch, Andreas Babler mit SPÖ-Granden bei der 1. Mai-Feier, Andreas Babler mit Kindergartenkindern bei der Jause – wer will ist immer voll im Bilde, was der Traiskirchner (NÖ) Bürgermeister gerade so macht und was ihm so durch den Kopf geht. Möglich macht das seine Facebook-Seite und dafür gibt es 10.654 Likes. Was mit der "social media election" von Barack Obama 2008 in den USA einsetzte, nämlich die volle Nutzung von Social Media durch Politiker, ist auch in Österreich allgegenwärtig. 2016 etwa kämpfte man bei der Grazer Wahl auch im Internet um Stimmen. Ob Bürgermeister Siegfried Nagls (ÖVP) tägliches Posting und 7000 Likes jetzt den Sieg brachten, sei dahingestellt. Aber die neuen Medien gehören auch in kleineren Gemeinden zum alltäglichen Instrument im Kampf um die Wählergunst.
Traiskirchens Stadtchef Babler ist auf Facebook, Twitter und Instagram aktiv. "Man muss Respekt vor diesen Medien haben. Ich hatte schon Postings mit einer Reichweite von einer halben Million. Da braucht man ein Konzept. Ich habe nichts davon, blind Infos auszuschicken", sagt Babler. Der nicht nur Politisches online zum Besten gibt, sondern auch Persönliches. Warum? "Der Begriff Selbstdarstellung ist negativ besetzt, aber ich glaube, es gehört dazu, meine Lebensrealität zu zeigen. Man muss nur aufpassen, wie gläsern man wird."
Einen Anhaltswert, wie viele Gemeinden und Bürgermeister in Österreich auf die neuen Medien setzen, gibt eine Online-Umfrage von bOJA (Bundesweites Netzwerk Offene Jugendarbeit) und dem österreichischen Gemeindebund von 2016. Daten von 183 Gemeinden aus allen Bundesländern außer Wien zeigen, dass nur 24 Prozent der Bürgermeister und 45 Prozent der Gemeinden auf Social Media verzichten (siehe Grafik). Wobei laut der Umfrage nur ein geringer Anteil von 21 Prozent täglich postet.
Trennung empfohlen
Im "Leitfaden zur Nutzung von Facebook in der Verwaltung" des Bundeskanzleramtes wird betont, dass Bürgermeister "einerseits Gemeindeorgan und andererseits meist Vertreter einer politischen Partei sind". Festzulegen, "in welcher Funktion der Bürgermeister in Facebook kommuniziert, verhindert später Diskussionen über Rollenabgrenzungen". Insgesamt könne sich eine Verwaltung mit Sozialen Medien, "bürgernah und serviceorientiert" präsentieren.
Ist Social Media für den heutigen Lokalpolitiker also ein Must-have? "Dazu muss man sich zuerst fragen, was das strategische Ziel und wer die Zielgruppe sind. Erst wenn das konkret geklärt ist, kann man sagen, ob Soziale Medien sinnvoll sind", erklärt Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Das Ziel kann Imagebildung sein ("Ich bin einer von euch") oder der Beweis von Fachkompetenz. "Ein Bürgermeister muss sich überlegen, ob er als Person oder als Gemeinde auftritt", so Filzmaier. Für jemanden in einem öffentlichen Amt sei das aber "eine Medienentwicklung, auf die man reagieren muss". Wobei auch der Kommunikationskanal wohl gewählt sein will. Denn Social Media ist nicht gleich Social Media: "Wenn meine Zielgruppe Junge sind, kann man von Facebook nur abraten, denn für heutige Teenager ist das schon wieder Steinzeit", so Filzmaier.
Auch in der Bezirkspolitik bedienen sich Politiker gern der sozialen Netzwerke, um Bürgernähe zu demonstrieren und ihren Botschaften zu mehr Reichweite zu verhelfen. Besonders fleißig ist etwa Markus Rumelhart, Bezirksvorsteher in Mariahilf, der auf Facebook 4375 Freunde hat.
Dieses bevorzugt der SPÖ-Politiker gegenüber Twitter oder Instagram als politischen Infokanal, weil er hier seine Meinung „im O-Ton und ohne Filter, etwa durch die Medien“ in aller Ausführlichkeit kundtun kann. Ein Großteil der Postings zeigt, „wie vielfältig das Arbeitsspektrum im Bezirk ist“ – eine Art Arbeitsnachweis gegenüber den Wählern sozusagen. Rumelhart teilt aber auch Privates, „um als Person spürbar zu sein“.
Anders hält es in dieser Hinsicht seine Amtskollegin aus der Josefstadt, Veronika Mickel von der ÖVP. Sie zählt auf Facebook mehr als 2200 Abonnenten und ist parallel auch auf Twitter aktiv. Die Accounts sind dabei komplett auf die Bezirkspolitik ausgerichtet. „Mir geht es darum, Meinungen einzuholen und politische Themen zu diskutieren“, sagt sie.
Gepostet werden Aktivitäten im Dienste des Bezirks, zwar mehrmals täglich, aber „mit Augenmaß“. Schließlich wolle sie niemanden belästigen – und der persönliche Kontakt zu den Bürgern sei ohnehin nicht zu ersetzen.