Chronik/Österreich

Die Kärntner proben den Aufstand

"Dieser Kampf ist noch nicht verloren." Diese Worte stammen von Stefan Visotschnig (SPÖ), Bürgermeister der Stadtgemeinde Bleiburg in Kärnten. Die dort angesiedelte Goiginger Kaserne ist bekanntlich ein von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) genannter Schließungskandidat. Aber die Kärntner steigen nun gegen diese Pläne auf die Barrikaden.

Und zwar allen voran das Land. Schien Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Freitag noch auf einer Linie mit Parteikollege Klug zu liegen ("Das Wichtigste ist, dass das Bundesheer den Schutz der Bevölkerung aufrechterhält"), so unterstützte seine Partei am Montag eine Resolution des Landes (die Grünen stimmten nicht mit). Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, "nach den jüngst bekannt gewordenen Materialmängeln bei den Eurofightern alle juristischen Möglichkeiten einer Kaufrückabwicklung oder zumindest einer deutlichen rückwirkenden Kaufpreissenkung zu prüfen", um beispielsweise die Schließung der Goiginger Kaserne aussetzen zu können. Die FPÖ Kärnten startete indes eine Unterschriftenaktion zur Erhaltung der Kaserne und des dort beschäftigten Personals.

In Bleiburg selbst fürchten viele Bürger die Aushöhlung des ländlichen Raums. "Es geht um Arbeitsplätze, denn viele Betriebe leben indirekt von der Kaserne – allen voran die Gastronomie", sagt Daniel Wriessnig, Obmann des Bleiburger Fußballvereins. Die Region habe durch die Schließung von Postfilialen und Polizeidienststellen in den letzten Jahren bereits genug gelitten.

"Abwanderung droht"

Bürgermeister Stefan Visotschnig glaubt jedenfalls, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Der Gemeinderat, bestehend aus SPÖ, ÖVP, FPÖ und der slowenischen Einheitsliste, hat ein entsprechendes Protestschreiben nach Wien verfasst. "Kein Mensch war jemals in der Kaserne, die noch dazu in einem Grenzgebiet liegt. Wie wollen die Politiker aus Wien per Fremddiagnose urteilen, ob die Kaserne von Bedeutung ist?", fragt Visotschnig. Teilweise hätten sich über zwölf Monate bis zu 160 Teilnehmer an diversen Forbildungskursen in der Kaserne aufgehalten. Dazu käme das Kaderpersonal, rund 50 Personen. "Die Menschen sind hier integriert, haben Funktionen bei der Feuerwehr oder Bergwacht. Wenn sie alle nach Klagenfurt überstellt werden, verlieren wir viele Gemeindebürger", befürchtet er.

Ähnlich argumentiert ÖVP-Nationalratsabgeordneter Gabriel Obernosterer, der alle Kärntner Abgeordneten in Wien zu einem "Schulterschluss" aufruft: "Kärnten ist das Bundesland mit der höchsten Arbeitslosigkeit, der höchsten Abwanderung und der geringsten Kaufkraft. Das müssen wir bei den Verhandlungen auf den Tisch legen. Gemeinsam können wir diesen Schlag gegen Arbeitsplätze und Infrastruktur noch abwenden."

Bürgermeister Johann Winkelmaier, ÖVP, ist natürlich unzufrieden wegen des Plans, die Hadik-Kaserne im Fehring, Bezirk Südoststeiermark, zu schließen. „Das macht uns Sorgen, grad in einer Region, wo man um jeden Arbeitsplatz, um jeden Einwohner kämpft.“ Allein mit Kader- und Verwaltungspersonal seien 80 Militärangehörige in Fehring stationiert, dazu kämen 80 bis 100 Grundwehrdiener. „Das ist schon spürbar. Es gibt ja auch lokale Zulieferer, die Leute gehen am Abend vielleicht in die Gastronomie.“
Winkelmaier befürchtet, dass die gesamte Region geschwächt wird. Als nächstes könnte es die Kaserne in Feldbach treffen. „Das Projekt, das es dort jetzt gibt, läuft Ende 2016 aus.“ Deshalb seien Protestmaßnahmen geplant. „Wir werden ein bisserl Aktionismus starten und hörbar auf die Straße gehen“, kündigt Winkelmaier an. Zumal das Gelände in Fehring wohl unverkäuflich sei: Die Kaserne gehört dem Bund, der Grund der Gemeinde.


Der steirische Militärkommandant Heinz Zöllner beschreibt die Stimmung im Heer als sehr gedrückt. „Vielen geht es ähnlich wie mir, man ist emotional tief betroffen.“ Vor allem, weil es sich um Zwangsmaßnahmen handle. Dennoch zeigt Zöllner Verständnis. „Es schmerzt uns alle, aber es müssen Strukturmaßnahmen getroffen werden.“
So bekäme man wenigstens „ein bisschen Handlungsfreiheit“.

Leisere Töne als seine Kameraden schlägt der Salzburger Militärkommandant Heinz Hufler zur geplanten Schließung der Strucker-Kaserne in Tamsweg, Lungau, an. Dort sei man Existenzängste gewohnt: „Seit zehn Jahren wird diskutiert, ob man die Strucker-Kaserne zusperrt, weil sie zu den kleineren in Österreich zählt. Das Heer ist gezwungen, angesichts der budgetären Knappheit seine Kosten zu reduzieren. Da bin ich Realist.“ Die 70 Mitarbeiter müssten auf andere Kasernen in der Umgebung aufgeteilt werden. „Dass ich keine Freude damit habe, versteht sich von selbst. Ich warte aber erst einmal die politische Entscheidung ab.“ Er habe die Hoffnung, dass die Kaserne erhalten bleibt, noch nicht aufgegeben.

Auch, weil Landeshauptmann Wilfried Haslauer angekündigt hat, weiter um die Kaserne kämpfen – es gehe um die Sicherheit der ländlichen Bevölkerung. Laut Philipp Santner, Katastrophenschutzbeauftragter für den Lungau, seien Soldaten aus Tamsweg heuer zwei Mal zu großen Hilfseinsätzen ausgerückt. Der Lungau sei wegen seiner geografischen Lage besonders im Winter schwer zu erreichen. „Es bleibt abzuwarten, ob Kräfte von außerhalb schnell genug am Einsatzort sein können, wenn man sie braucht.“