Chronik/Österreich

Der Shoppingcity Seiersberg droht das Aus

"Ich bin fassungslos über die Skrupellosigkeit, mit der hier vorgangenen wird", ärgert sich Bürgermeister Werner Baumann, SPÖ. "Ich kann nicht nachvollziehen, dass ein Unternehmen, das oft geprüft wurde, Gefahr läuft, komplett geschlossen zu werden."

Exakt das droht dem größten Einkaufszentrum der Steiermark, der Shoppingcity Seiersberg in Graz-Umgebung. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich einer Beschwerde der Volksanwaltschaft recht gegeben: Demnach wurden die Verbindungsgänge zwischen den fünf einzelnen Gebäudeteilen des Einkaufsriesen rechtswidrig errichtet.

Brücken bewilligt

Das hat eine mehr als zehn Jahre lange Vorgeschichte: Die einzelnen Komplexe des Einkaufszentrums wurden raumordnungsgemäß errichtet, aber die "Brücken" dazwischen als sogenannte "Interessentenwege" von der Gemeinde bewilligt. Somit wuchs Seiersberg auf 85.000 Quadratmeter Fläche – eine Größe, die nach heutiger Raumordnung gar nicht mehr zu bewilligen wäre.

Entsprechend deutlich drücken sich auch die Höchstrichter aus. "Interessentenwege" könnten bloß einer beschränkte Anzahl von Anrainern dienen. In diesem Fall jedoch stünden sie "vor allem auch dem allgemeinen Verkehrsinteresse all jener Personen, die die SCS sowohl aus dem Bezirk als auch aus anderen Regionen Österreichs bzw. aus dem Ausland frequentieren", heißt es im 54-seitigen Erkenntnis.

Frist für die Reparatur

Das Höchstgericht gibt der Gemeinde Seiersberg-Pirka nun sechs Monate Zeit, das Schlamassel rechtlich zu sanieren. Andernfalls müsste die Shoppingcity Mitte Jänner den Betrieb einstellen.

Deren Eigentümer, Christian Guzy und Martin Klein, spielen den Ball an das Land weiter: Es habe die Verordnungen als Aufsichtsbehörde mehrmals "geprüft und genehmigt". Immerhin handle es sich um ein "450-Millionen-Euro-Investment", rechnen Guzy und Klein vor. Eine Summe, die auch bereits in einer möglichen Amtshaftungsklage gegen das Land genannt wurde.

Betreiber wie Bürgermeister hoffen auf die Einzelstandorte-Verordnung, die beim Land beantragt wurde. Das würde die rechtliche Lage einfrieren und das Zentrum absichern.

Seitens der Opposition gab es gestern viel Kritik am "Scherbenhaufen", wie Lambert Schönleitner, Grüne, formuliert. "Das war ein Totalversagen der Aufsichtsbehörde." Er fordert einen Untersuchungsausschuss. Die KPÖ wünscht sich eine "sozial- und umweltverträgliche Lösung", betont Werner Murgg. "Den Wildwuchs im Nachhinein zu legalisieren, kann keine Lösung für die Zukunft sein."