Chronik/Österreich

„Der Mensch Schiele ist der Eintritt in sein Werk“

„Um Schiele verstehen zu können, muss man den Menschen dahinter verstehen. Und dazu muss man nach Tulln. Der Mensch Egon Schiele ist der Eintritt in das Werk von Schiele“, sagt Christian Bauer. Er ist Kurator des Egon Schiele Museums in Tulln. Am Samstag startet im neugestalteten Museum die Ausstellung „Egon Schiele privat“. Originalwerke mit biografischem Bezug und Interviews mit Familienmitgliedern stehen im Vordergrund.

Eine der ersten, die sich mit dem Menschen Egon Schiele befasst hat, ist die Texanerin Alessandra Comini. Sie hat sich während ihres Studiums in ein Werk des Künstlers verliebt. Um ihn besser verstehen zu können, reiste sie im August 1963 nach Niederösterreich an die Originalschauplätze seiner Lebensstationen und nahm Kontakt mit seinen noch lebenden Verwandten auf. „Es war eine unglaublich große Ehre, mit ihnen zu sprechen“, erzählt sie. Vor allem Schieles Schwestern Melanie und Gerti sowie seine Schwägerin Adele Harms waren wichtige Kontaktpersonen. „Melanie war ernst und seriös, eine ehrliche Person. Gerti war immer kokett und an sich selbst interessiert“, sagt Comini weiter.

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Herzstück

Die Tondokumente, die Comini anfertigte, bilden nun das Herzstück der Ausstellung. Das Leben am damaligen Bahnhof Tulln, das Klassenzimmer in Klosterneuburg oder die Gefängniszelle in Neulengbach werden durch „Augmented-Reality-Effekte“ (Anm. computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung) lebendig. „Es soll so die Möglichkeit gegeben werden, das einmalige Erlebnis der Forschungsreise von Alessandra Comini in den 60ern nachzuerleben“, sagt Ausstellungsgestalterin Isabelle Blanc. In der „Schatzkammer“ werden Originalwerke mit biografischem Bezug gezeigt. Dabei steht Schieles Onkel, Leopold Czihaczek, den er gleichzeitig bewunderte und verachtete, im Vordergrund.

Das ehemalige Tullner Stadtgefängnis wurde 1990 anlässlich Schieles 100. Geburtstag als erstes eigenes Schiele-Museum eröffnet. 2018 wird es 28 Jahre alt – und hat damit genau jenes Alter, in dem der Künstler starb.