Dealer im Visier von Politik und Polizei
Von Michael Berger
Das Vorpreschen von SP-Justizsprecher Johannes Jarolim setzt jetzt das Justiz- und Innenministerium unter Zeitdruck. Wie berichtet, darf seit Jahresbeginn über Straßendealer erst Untersuchungshaft verhängt werden, wenn sie drei Mal von der Polizei überführt wurden. Jarolim fordert Haft bereits nach dem ersten Delikt und eine Erhöhung des Strafrahmens von einem auf drei Jahre.
Auf KURIER-Anfrage bestätigte das Büro von Justizminister Wolfgang Brandstetter rasches Eingreifen: "Es wird Änderungen geben. Diese Woche werden die Vorschläge von unseren Juristen finalisiert, darauf folgt ein Treffen mit dem Innenministerium. Danach wird Minister Brandstetter mit den Justizsprechern der Parlamentsparteien Gespräche aufnehmen."
Auch das Innenressort ist an einer schnellen Gesetzesänderung hochgradig interessiert. "Da wird man wohl was zusammenbringen, wir wollen eine rasche Lösung", bestätigt Andreas Wallner, Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
Der engagierte Zeitplan zeigt, dass es der Regierung ernst ist. Am 16. März wird im Parlament ein Initiativantrag gestellt, am 6. April kommen die Vorschläge in den Justizausschuss. Ende April wird das novellierte Gesetz im Parlament beschlossen.
Lokalaugenschein
Dealen im Drogenkeller
Auf dem Weg zur Station Thaliastraße zeigt uns eine Anrainerin am Neubaugürtel ein Drogendepot in einem heruntergekommenen Zinshaus. Die Kellertüre ist aufgebrochen, die Abteile werden nicht mehr benutzt. Dafür konsumieren und verstecken Straßendealer in den muffigen Kellernischen ihre Drogen. Auch größere Geschäfte werden in den Katakomben abgewickelt. "Unser Hausherr hat die Polizei am nahe gelegenen Urban Loritz Platz alarmiert. Die kamen aber nicht, weil sie zu wenige Leute haben und empfahlen, den Notruf 133 zu wählen", ärgert sich Frau M. (sie will anonym bleiben, da sie Racheakte durch die Dealer fürchtet).
Auf der U6-Station Thaliastraße angekommen, steht gerade ein Schwarzafrikaner mit erhobenen Händen und dem Gesicht zur Mauer an der Wand des Stationsgebäudes. Ein Beamter der Einsatzeinheit bewacht ihn und wartet auf Verstärkung. Selbige ist in wenigen Minuten vor Ort und führt den Dealer ab. In unmittelbarer Nähe beobachten Banden-Kollegen das Szenario. Die fünf Männer verkauften stundenlang Drogen im Umfeld der U6-Station. Sie denken nicht an Flucht, sondern provozieren die Beamten auch noch – eine Folge des missglückten Paragrafen.