Chronik/Österreich

Das ungenutzte Potenzial der Turnsäle

940.000 – so viele Sportstunden können die österreichischen Vereine jedes Jahr nicht anbieten, obwohl sie das gerne tun würden, weil ihnen die Sportflächen dazu fehlen. Das ergab eine aktuelle Studie des Instituts für Sportökonomie. In Auftrag gegeben wurde sie von Sport Austria (vormals Bundessportorganisation) und der Sportunion.

Ihre beiden Präsidenten – der ehemalige burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (Sport Austria) und

der Johnson&Johnson-Vorstand Peter McDonald (Sportunion) – hätten nun eine, ihrer Meinung nach simple, Lösung für dieses Dilemma: Die Öffnung der Schulturnsäle in den Ferien. Immerhin seien die Säle derzeit rund 180 Tage im Jahr, also fast ein halbes Jahr, geschlossen. Eine Vergeudung von Ressourcen; zudem hätte eine Änderung gleich mehrere Vorteile, meinen die beiden.

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Die Forderung ist nicht neu, umgesetzt wurde sie bis dato aber nie. Nicht zuletzt aufgrund der ungeklärten Fragen: Wer zahlt den Schulwart, wer haftet, wer sorgt für Ordnung?

Konkret heißt es aus dem Unterrichtsministerium dazu: "Wichtig ist eine ordnungsgemäße Verwaltung der Turnsäle. Das heißt, dass der Schulwart oder eine andere geeignete Person, die im Namen der Schule die Turnsäle öffnet und schließt, vor Ort sein muss. Ebenso müssen Vorkehrungen getroffen werden, dass die Reinigung der Turnsäle durch Externe erfolgen muss, damit die Turnsaalflächen dann wieder ordnungsgemäß für den Turnunterricht zur Verfügung stehen. Beides verursacht Kosten, die nicht vom Schulerhalter (egal ob Bund, Land oder Gemeinde) einfach übernommen werde können."

Dennoch haben es sich Sport Austria und Sportunion nun zum Ziel gesetzt, die neue Bundesregierung von so einer Gesetzesänderung zu überzeugen.

Kinder zu inaktiv

Die ersten Begünstigten wären die Kinder. Niessl erläutert: „Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation hat ergeben, dass sich unsere Kinder zu wenig bewegen. Wir müssen also mehr Möglichkeiten dafür schaffen. Mit der Öffnung der Turnsäle in den Ferien würden wir genau dafür eine Chance bieten.“

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Zudem würden sowohl die Schulen als auch das Gesundheitssystem monetär von so einem Gesetz profitieren. Die Schulen könnten zusätzlich 13,4 Millionen Euro mehr einnehmen, das Gesundheitssystem 23,66 Millionen Euro einsparen. McDonald, früherer Chef der Sozialversicherung, dazu: „Die Sportstätten von heute sparen ja die Krankenhausbetten von morgen.“ Und zu sparen gibt es hier einiges: „Wir haben in Österreich weniger gesunde Lebensjahre als andere Länder Europas. Im Vergleich mit den skandinavischen Ländern verlieren wir etwa 13 Jahre.“

Dass Sport in der politischen Diskussion also so oft an letzter Stelle komme, kann Peter McDonald nicht nachvollziehen. „Sport strahlt in so viele Bereiche ab. Kinder, die Sport machen, sind aufnahmefähiger, glücklicher.“

Entlastung für Eltern

Auch für Eltern könnte die Öffnung eine finanzielle Erleichterung bedeuten, meint Niessl weiter: „Die Reiter- oder Fußballcamps, die derzeit in den Ferien so angeboten werden, kosten nicht selten 300 Euro. Wenn man zwei Kinder hat, kann das zur enormen Belastung werden. Die Beträge, die Sportvereine verlangen, sind viel niedriger, manchmal sogar gratis.“

Aber gebe es für die zusätzlichen Stunden überhaupt genug Trainerinnen und Trainer? Jedenfalls, sagt McDonald.

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Eine Umfrage unter den Sportvereinen habe ergeben, dass 80 Prozent der Vereine mehr Stunden anbieten könnten, wenn sie dafür einen Platz hätten.

Wie sehen die nächsten Schritte aus? Hans Niessl wird nun den Kontakt zur Politik suchen. Er will sowohl Gespräche mit den zuständigen Ministerien (Sport und Unterricht) sowie mit allen Landeshauptleuten führen. Mit Wien und Salzburg ist der Termin bereits fixiert.

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