Drei Jahre danach: „Drama Parndorf ist nicht beendet“
Das Bild des Lkw mit dem Schriftzug „Hyza“ genügt. Der Kühllaster, der am 27. August 2015 auf einer Pannenbucht auf der Ostautobahn A4 bei Parndorf entdeckt wurde, ruft auch drei Jahre danach entsetzliche Assoziationen hervor. Der qualvolle Tod von vier Kindern, acht Frauen und 59 Männern macht noch immer fassungslos. Auch drei Jahre später bleiben Auto- und Lkw in der Pannenbucht stehen. Insassen legen Blumen an die Stelle, an der die 71 toten Flüchtlinge entdeckt wurden.
Josef Weidenholzer, Abgeordneter des Europäischen Parlaments, ist mit der Flüchtlingstragödie, die sich im Herzen Europas ereignet hatte, ständig konfrontiert. „Auch wenn die Täter mittlerweile verurteilt sind, das Drama Parndorf ist damit nicht beendet“, twittert der gebürtige Oberösterreicher zum Jahrestag. Damit dürfte der SPÖ-Politiker in vielfacher Hinsicht recht haben.
Juristisch gesehen ist derzeit noch nicht klar, ob das Verfahren gegen die mutmaßlichen Schlepper neu aufgerollt wird, oder nicht. Wie der KURIER berichtete, wurden jene, die für die Schlepperfahrt verantwortlich sein sollen, vergangenen Juni am Gericht im ungarischen Kecskemét schuldig gesprochen. Vier Angeklagte wurden zu jeweils 25 Jahren Zuchthaus verurteilt – der Staatsanwalt hatte lebenslang gefordert. Acht der elf Verurteilten haben ihre vorläufige Freilassung beantragt. Bis jetzt befinden sich alle weiter in Haft, sagt Gerichtssprecher Szabolcs Sárközy zum KURIER.
Zweite Instanz
Staatsanwalt und Angeklagte hatten Berufung eingelegt. Die Urteile sind ausgefertigt worden, aber noch nicht an die übergeordnete Instanz in Szeged, übermittelt worden. Sárközy rechnet damit, dass es vor Frühling 2019 keine Entscheidung darüber geben wird, ob der Fall neu aufgerollt wird oder nicht.
Für Burgenlands stellvertretenden Landespolizeidirektor Werner Fasching habe der Tod der 71 Menschen sowie die darauffolgende Ankunft hunderttausender Flüchtlinge jedenfalls Auswirkungen gehabt – „und zwar auf politischer als auch auf polizeilicher Ebene“. Die Wiedereinführung der Grenzkontrollen sei die Konsequenzen gewesen. „Die Polizei führt jetzt engmaschige Kontrollen durch und es gibt auch gemischte Streifen mit Ungarn“, sagt Fasching. Künftig soll es auch eine Videoüberwachung von Grenzübergängen im Nordburgenland geben, ein entsprechendes Ansuchen liege derzeit zur Überprüfung beim Innenministerium.
Die Zahl der Flüchtlinge sei derzeit jedenfalls überschaubar. „Wenn wir Flüchtlinge aufgreifen, kommen sie derzeit meist ohne Schlepper“, sagt der Polizeichef.
Organe verkauft
8500 Euro haben die Kinder des irakischen Jesiden Hazim Kuli für ihre Flucht nach Deutschland 2015 bezahlt. Ihre Reise in ein neues Leben war ihre letzte. EU-Politiker Weidenholzer ist mit Kuli in ständigem Kontakt. Das Gerichtsverfahren hat Kuli im Juni mitverfolgt. Enttäuscht, dass die Schlepper nicht lebenslange Haftstrafen erhalten haben, sei der Vater nicht, sagt Weidenholzer. „Für die Angehörigen war es das wichtigste, dass die Schuldigen vor Gericht gestellt wurden.“
Ob sich seit der Tragödie etwas geändert habe? Weidenholzer überlegt nicht lange. „Menschenschmuggel gibt es nach wie vor. Wenn alle Grenzen abschottet werden, wird aber nur der Preis für die Schlepper und das Risiko für die Flüchtlinge höher.“ Dass Menschen ihre Organe verkaufen, um sich die Flucht finanzieren zu können, das sei kein Einzelfall.