Chronik/Österreich

Cyber-Mobbing: Erste Verfahren anhängig

Kompromittierende Fotos, die in Sekundenschnelle über WhatsApp verschickt werden; Lügengeschichten, die Tausende Internet-User teilen; Postings, die den Betroffenen in seiner Ehre verletzten – die Möglichkeiten des Cyber-Mobbings sind im weltweiten Netz mannigfach. Seit Jahresbeginn kann man hierzulande allerdings von keinem Kavaliersdelikt mehr sprechen: die Täter werden verfolgt, es drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.

13 Verfahren sind laut Auskunft des Justizministeriums im Zusammenhang mit Cybermobbing bei den Staatsanwaltschaften anhängig. Betroffen sind hauptsächlich junge Menschen: Teenager, für die Neue Medien zum täglichen Begleiter geworden sind, während Lehrer und Eltern keine Ahnung haben, was sich unter den Schulbänken und in Kinderzimmern abspielt. Das Bildungsministerium startet nun eine bundesweite Informationskampagne an den Schulen für 11- bis 14-Jährige. Im Zentrum steht ein Film, der von Medienpädagogin Caroline Weberhofer mit Studenten der Uni Klagenfurt gedreht wurde: Der sieben Minuten lange Streifen mit dem Titel "Setze ein Zeichen" soll Opfern Mut machen und die Beteiligten zu Zivilcourage aufrufen.

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Michaela Horn aus Schiefling in Kärnten erzählt im Film die berührende Geschichte ihres Sohnes Joel, der vor fünf Jahren den Suizid wählte, weil er gemobbt wurde. Ein Facebook-"Freund" hatte die Seite des 13-Jährigen mit einem Link zu einer Homepage versehen, die dazu dient, Kumpel zu verunglimpfen. "Joel ist schwuler, als die Polizei erlaubt", hieß es. "Joel befürchtete, dass er in der Schule verarscht wird und hat sich das Leben genommen. Die Seite gibt es nach wie vor. Der Betreiber mit Firmensitz Washington verdient Geld mit jedem Klick. Er wurde nie verfolgt", berichtet Horn. Das gilt auch für Joels "Freund".
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Jahrelanger Kampf

"Aber jetzt ist Joels Tod nicht ganz sinnlos", sagt seine Mutter, die seit fünf Jahren für das Cyber-Mobbing-Gesetz gekämpft hat und dafür auch in Talkshows Stimmung machte. "Der Film ist das Abschlussprojekt meines Kampfes. Ich sehe das Gesetz als Meilenstein, denn jedes zweite Kind in Österreich ist von Mobbing betroffen. Und das läuft heutzutage fast ausschließlich im Netz ab."

Weiterhin einsetzen wird sich Horn für ein Unterrichtsfach "Medienkompetenz" und ein Handyverbot an Schulen. "Kids gehen heutzutage lieber ohne Hausübung in die Schule als ohne Info, was es Neues auf Facebook gibt. Auch Lehrer müssen speziell auf die Neuen Medien geschult werden."

Weiterführende Links:

Seit 1. Jänner 2016 ist Cybermobbing eine Straftat. Wer im Internet eine Person für mehr als rund zehn Menschen wahrnehmbar in der Ehre verletzt, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden. Führt die Tat zum (versuchten) Selbstmord, drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.