Chronik/Österreich

Bewerbung als Einsiedler: "Bin es gewohnt, alleine zu sein"

Es ist ein bescheidenes Leben, das den neuen Einsiedler hoch über Saalfelden im Salzburger Pinzgau erwartet. Sein Domizil ist eine an den Felsen gebaute Klause. Der Bau aus dem 17. Jahrhundert verfügt lediglich über eine kleine Stube mit Ofen, einen Schlaf- und einen Abstellraum. Strom und fließendes Wasser gibt es nicht. Rund eine halbe Stunde dauert der Aufstieg vom Parkplatz durch den Wald zur Einsiedelei auf rund 1000 Meter Höhe.

Trotzdem seien bereits mehr als 50 Bewerbungen eingetrudelt, erzählt Dechant Alois Moser von der Pfarre Saalfeden. Verantwortlich für das unerwartete Interesse war das große Medienecho nach der Ausschreibung im Jänner – der KURIER berichtete. Die BBC schickte sogar ihre Österreich-Korrespondentin in den Pinzgau. "Wir haben nicht gedacht, dass das so eine Beachtung findet. Wir sind jetzt sehr international geworden von den Bewerbungen her", schildert Moser. Neben Österreichern und Deutschen hätten Bewerber aus Irland, England, Italien, Polen und der Ukraine Interesse bekundet. Sogar aus den USA, Kanada und Indien seien Zuschriften gekommen, sagt Moser.

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Hoffnungen dürften sich allerdings nur jene machen, die auch die deutsche Sprache beherrschen. Denn der Einsiedler solle für Wanderer und Pilger ein offenes Ohr haben. Trotz der großen Konkurrenz träumt Bewerber Stephan Teix schon jetzt vom Leben als Eremit. Ein zweitägiger Besuch in Saalfelden Anfang der Woche hat ihn endgültig überzeugt: "Mein Gefühl war schon beim Hinaufgehen: Ich komme heim", behauptet Teix.

Veränderung gesucht

Der 52-jährige Betreiber eines Bio-Erlebnishofs bei Neulengbach (NÖ) sucht dringend nach einer Auszeit vom stressigen Alltag. Nach einer überstandenen schweren Krankheit und einer Hirnblutung im vergangen August will er am Berg endlich zur Ruhe kommen. "Ich habe das als großes Zeichen gesehen, etwas zu verändern", sagt Teix. Angst vor der Einsamkeit habe er keine. "Ich bin es gewohnt, alleine zu sein", meint der Vater von sechs Töchtern und einem Sohn.

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Der Niederösterreicher ist zuversichtlich, das Rennen um den unbezahlten "Arbeitsplatz" zu machen. "Für mich selber ist es schon ausgemacht. Ich sehe mich da oben kreativ arbeiten, wenn ich das von der Gemeinde und der Pfarre aus darf."

Vom Leben in der Einsiedelei kann niemand besser berichten als Bruder Raimund von der Thannen. Der Benediktiner lebte von 2004 bis 2015 jeweils vom Frühjahr bis in den Herbst in der Klause. "Die Zeit der Reduktion auf das Notwendigste zum Leben war für mich am wichtigsten", sagt er, der auf "eine gute Zeit" zurück blickt.

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An Gesellschaft habe es ihm nie gemangelt. Viele Besucher seien mit ihrem seelischen Ballast, ihrem "Rucksack", wie es von der Thannen nennt, zu ihm gekommen. "Wer Eremit sein will, muss geschickt sein, wenn er den Anforderungen des Tourismusbüros und seinen eigenen spirituellen Bedürfnissen gerecht werden will", meint er.

Bis Dienstag, 28. Februar, nimmt Dechant Moser Bewerbungen an. Am 30. April soll der neue Eremit in der Einsiedelei Quartier beziehen.