Bescheide: Nachhilfe für Gemeinden
Von Thomas Martinz
Wie erlässt man als Gemeinde ordnungsgemäße Bescheide, um von den Bürgern Abgaben einfordern zu können? Weil es in dieser Frage im südlichsten Bundesland stets zu Schlampereien und Fehlern kommt, will das Land Kärnten sämtlichen Gemeinden "Nachhilfeunterricht" erteilen. Dabei bezieht es sich auf einen aktuellen, vorm Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ausgefochtenen Fall, wonach ein Einzahlungsschein keinen Bescheidcharakter habe.
Den Stein ins Rollen brachte ein Landwirt aus Feistritz an der Gail, Bezirk Villach Land. Er erhielt am 20. Dezember 2012 von der Gemeinde einen Einzahlungsschein, auf dessen Rückseite unter Punkt eins auch das Wort "Bescheid" aufschien. Er möge für seine Almhütte Nächtigungstaxe, Ortstaxe und Zweitwohnsitzabgabe entrichten, hieß es.
Weil der Bauer die Hütte im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes verwendet, legte er gegen die Vorschreibung Berufung ein, die Causa ging über das Landesverwaltungsgericht bis zum Verwaltungsgerichtshof.
Letzterer befasste sich aber gar nicht mit der Frage, ob der Landwirt für ein Almhäuschen wegen erwähnter Gebühren zur Kasse gebeten werden darf, sondern setzte bereits bei der Weisung der Gemeinde an.
Nicht rechtswirksam
"Weder die Lastschriftanzeige vom 20. Dezember 2012 noch deren Rückseite sind ... als bescheidförmige Abgabenvorschreibung anzusehen. Auch die Zusammenschau der Vorder- und Rückseite dieses Schriftstücks ergibt keinen normativen Anspruch, durch welchen eine Person zur Leistung einer bestimmten Abgabe verpflichtet wäre", heißt es. Das Wort "Bescheid" reiche für die Rechtswirksamkeit eines solchen nicht aus, solange exakte Berechnungen, Bemessungen oder Angaben über den Abgabenzeitraum fehlen würden.
"Froh" über Urteil
Bei der Gemeindeabteilung des Landes Kärnten sei man "froh" über dieses VwGH-Urteil, wie Leiter Franz Sturm betont. "Immer wieder treten in gewissen Gemeinden ähnliche Fälle auf und wir müssen aufklären, dass ein Erlagschein kein Bescheid ist", sagt Sturm.
Dass in Kärnten flächendeckend "Nichtbescheide" ausgestellt würden, könne man zwar ausschließen. "Aber wir nehmen die aktuelle Judikatur zum Anlass, um in einem Schreiben sämtliche Gemeinden in Sachen Bescheid-Erteilung zu schulen."
Friedrich Filzmaier, der Rechtsanwalt des Landwirts, glaubt dennoch, dass das VwGH-Erkenntnis weitreichende Folgen haben könnte. "Fünf Jahre rückwirkend dürften die Gemeinden falsche Bescheide noch korrigieren, die Bürger könnten aber theoretisch 30 Jahre lang rückwirkend Rückforderungsansprüche geltend machen", gibt er zu bedenken.