Chronik/Österreich

Bei 35 Grad ist Schwitzen verboten

Einmal ein Zombie sein. Oder eine Kriegerin, eine Fee, eine Comicfigur, bunt und flippig. Das Bodypainting Festival im Kärntner Pörtschach lockt bis Sonntag 30.000 Besucher an den Wörthersee. Die Weltmeisterschaft ist aber keine reine Spaßveranstaltung, sondern verlangt den Titelanwärtern einiges ab – bei stundenlangen Mal-Sessions in glühend heißen Zelten. Der KURIER hat eine Künstlerin und ihr Model beim Knochenjob begleitet.

Verrückt, schrill, bunt, cool – so wirkt das Bemalen der menschlichen Körper für die Besucher. Doch blickt man hinter die Kulissen, wird rasch klar, dass es sich bei der offiziellen Weltmeisterschaft um Kunst und beinharte Arbeit handelt. Zwei Mal hat Birgit Mörtl diesen Titel gewonnen. Die gebürtige Veldenerin lebt inzwischen als Bühnenausstatterin, Dekorateurin und Bodypainterin in Wien, hat auch für den Lifeball viele Models bemalt.

"Kärnten ist das Mekka der Painter, hier treffen sich die Besten der Besten", sagt die Titelträgerin in der "Königsdisziplin" Special Effekts (Malen mit Pinsel, Schwamm, Airbrush und Dekoration). Mit zehn Künstlern und 100 Zuschauern hat der Kult in Pörtschach im Jahr 1998 begonnen. Heuer sind 300 Künstler aus 36 Nationen an den Wörthersee gepilgert.

Ein intimer Moment

Was macht den Reiz der Körperbemalung aus? "Du musst eine Einheit bilden mit dem Model; es muss dir sympathisch sein, sonst funktioniert das nicht. Es ist ja auch ein intimer Moment", erklärt Mörtl. Nicht jeder sei vom Körperbau her geeignet. "Man braucht schon einen schönen Untergrund. Ich kann ein Sixpack malen, aber nicht zaubern."

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Mörtl arbeitet am liebsten mit Carmen Jahrbacher zusammen, einer 26-jährigen Wienerin, die ansonsten in einer Bank jobbt. "Das Bodypainten ist der ideale Ausgleich dazu", betont sie. Wie wird man Model? "Eine Israelin hat mich über ein soziales Netzwerk kontaktiert. Seitdem stelle ich mich fünf bis 15 Mal im Jahr zur Verfügung."

So ein Tag beginnt um 9 Uhr. Bekleidet ist nur der Intimbereich, oft wird dieser lediglich abgeklebt. Um 11 Uhr rühren die Künstler die Farben an – und setzen damit den Startschuss für einen siebenstündigen Mal-Marathon, der durch die derzeit in Pörtschach herrschenden Temperaturen zur Herausforderung wird.

Die Farben sind mit Wasser und Seife leicht abwaschbar. Folglich gilt die Regel: wer schwitzt, schadet dem Kunstwerk, gertenschlanke Models wie Jahrbacher sind da im Vorteil, leiden aber bei 35 Grad ebenso. "Die Zelte sind auf bis zu 60 Grad aufgeheizt, es ist beinhart. Du musst darauf achten, ständig zu essen und zu trinken", erzählt sie. 2007 hat sie in Pörtschach einen Kreislaufkollaps erlitten. "Ich bin zusammengeklappt und der Delfin am Hintern war verschmiert."

Ist das Kunstobjekt fertig, geht es weiter zur Jury, denn diese will das Ergebnis beurteilen. "Erst nach 22 Uhr verlasse ich die Bühne in Richtung Dusch-Container oder Hotel", sagt Jahrbacher.

Warum tut man sich das überhaupt an, zumal beispielsweise in Pörtschach kein Geld für die geleistete Arbeit bezahlt wird? "Das frage ich mich immer wieder. Aber wenn ich die Bilder von mir auf den Folders sehe, oder sie jahrelang in der Szene kursieren, bin ich doch stolz auf meine Arbeit", meint das Model.

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