Ansturm auf Soforthilfe: "Das Ausmaß hat uns überrascht"
Eine Stromrate, eine ausstehende Miete, ein offener Kindergartenbeitrag: Es sind kleine Summen, mit denen der KPÖ-Hilfsfonds einspringt. 30 bis maximal 500 Euro zahlte heuer etwa KPÖ-Verkehrsstadträtin Elke Kahr pro Fall aus. "Das Traurigste, das ich erlebt habe, war eine Mindestpensionistin, die die Bestattungskosten für ihren Sohn nicht zahlen konnte. Sie hat sämtlichen Schmuck versetzt, auch ihren Ehering." Mit dem Geld der Politiker wurde dieses Erinnerungsstück ausgelöst.
1.577 Haushalte unterstützt
Seit 1998 ist es bei den Kommunisten Usus, zwei Drittel des Politikerbezuges in den parteieigenen Fonds einzuzahlen. Kahr etwa stehen als Stadtsenatsmitglied in Graz 6.109 Euro netto zu - sie behält sich 1.950 Euro davon: Mit der Gage der beiden Grazer Stadträte und der Klubobfrau im Landtag) kamen heuer exakt 167.757 Euro und fünf Cent zusammen, mit dem Geld wurden 1.577 Haushalte unterstützt.
Noch nicht in der Bilanz enthalten sind die Gage sowie die Unterstützungen eines weiteren Abgeordneten. Deshalb ist diese vorläufige Summe vorerst niedriger als im Vorjahr.
Der Großteil floss in "Unterstützung für den Lebensbedarf" (791 Fälle), das meint Kleidung, aber auch Lebensmittelgutscheine für Diskonter. 275 Mal wurden Mietzinsschüsse gewährt, in 133 Fällen offene Strom- und Heizkosten übernommen. 107 Menschen brauchten Hilfe, um Arztrechnungen oder Medikamente zahlen zu können. Der Rest teilt sich auf andere Wohnkosten, Öffi-Tickets, Sanierungen und Haushaltgeräte auf.
Auch wegen der Corona-Krise hätten sich sehr viele Menschen um Hilfe an den Fonds gewandt, berichten Stadträtin Kahr, Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer und Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau im Landtag, am Dienstag. "Von dem Ausmaß waren wir selbst überrascht", gesteht Kahr ein. "Vor allem im ersten Lockdown haben wir gemerkt, dass viele zu uns gekommen sind, weil die Auszahlung bei uns unbürokratisch und rasch erfolgt."
Klimt-Weithaler stellt zudem fest, dass "eine neue Gruppe bei uns aufgetaucht sind, junge Menschen, Lehrlinge". Oftmals kämen auch Menschen, die "gar nichts mehr haben", schildert Stadtrat Krotzer. "Einer Familie mit einem Baby wurde das Bankkonto gesperrt. Sie war als erste Hilfe froh über 40 Euro Gutschein für einen Supermarkt."
Seit 1998 - damals schaffte es mit Ernest Kaltenegger erstmals ein Kommunist in den Grazer Stadtsenat - zweigten die KPÖ-Politiker knapp 2,5 Millionen Euro von ihrem Bezig ab. 20.000 Menschen wurden mit dem Geld unterstützt. Eine politische Forderung hat die Partei neben der Bilanz auch: Der Corona-Hilfsfonds der Stadt Graz müsse aufgestockt werden - er ist derzeit mit 100.000 Euro dotuiert. "Er wurde dankenswerterweise im Gemeinderat beschlossen, aber da geben Robert und ich von unseren Stadtratsgehältern schon mehr pro Jahr", kommentiert Elke Kahr.