Chronik/Österreich

Aktion scharf gegen Roller-Rowdys

„Das Problem ist, dass die Knautschzone bei E-Scootern beim Menschen anfängt.“ So beschreibt der Chef der Wiener Verkehrspolizei, Michael Takacs, die potenzielle Gefährlichkeit von Elektrorollern. Die Flitzer sind mittlerweile nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. Und weil es so viele sind, fallen einige Fahrer auch schon einmal aus dem Rahmen.

Die Polizei muss darauf reagieren und macht jetzt „Jagd“ auf Roller-Rowdys. Zwei- bis dreimal im Monat führt sie große Schwerpunktaktionen durch, bei denen sie nicht nur Fahrradfahrer. sondern auch E-Scooter-Fahrer sowie ihre Gefährte kontrolliert werden.

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Zu zweit am Scooter

Die Exekutive hat nun Zahlen veröffentlicht, die zeigen wie gefährlich sich viele Zweirad-Fans verhalten. Bei insgesamt sechs Kontrollen seien 113 E-Scooter-Fahrer dabei erwischt worden, wie sie rote Ampeln einfach überfuhren. Aber auch 992 Radfahrer hätten sich so verhalten. „Nichtbeachten des Rotlichtes, Befahren eines Gehsteiges, zu zweit fahren und Ausrüstungsmängel sind immer ein Thema“, sagt Takacs. Nachsatz: „Wenn man glaubt, man kann sich als E-Scooter-Fahrer mit Lkw oder Pkw anlegen, dann ist man schlecht beraten.“

Ein großes Problem seien vor allem Touristen, die nicht wüssten, dass der E-Scooter in Österreich mit dem Fahrrad gleichgestellt ist und daher auch die gleichen Regeln gelten.

Als Ausrede gilt das bei der Polizei nicht: „Ab dem Zeitpunkt, wo man einen E-Scooter von einer Leihfirma mietet, gibt es in der App eine genaue Beschreibung mit den Verhaltensregeln. Das gibt es übrigens in mehreren Sprachen. Viele wissen, was sie dürfen. Ob sie es aber auch beachten, ist eine andere Frage“, sagt Takacs.

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Zu schnell unterwegs

Besonders wichtig ist es der Polizei auch, die Geschwindigkeit zu überprüfen. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ist 25 km/h. Eigentlich sind die Modelle der Anbieter in Wien auch dementsprechend gedrosselt. Lange hat es aber nicht gedauert, bis technisch-affine Roller-Fahrer einen Weg gefunden haben, diese Sperre zu umgehen.

Wie weit das „Aufmotzen“ bei Privatbesitzern von E-Scootern geht, zeigt ein Fall aus der jüngsten Vergangenheit: im Juni hielten Polizisten einen Mann auf, der samt Begleitung am Scooter unterwegs war. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit hatte er kurzerhand fast verdreifacht. Die Polizei blitzte ihn mit 73 km/h. In diesem Fall konnte die Polizei den Raser stoppen. Ernsthafte Unfälle passieren mit den Elektrorollern aber auch schon bei weitaus geringerer Geschwindigkeit. Erst vor wenigen Tagen wurde das in sozialen Netzwerken bekannte Model Emily Hartridge in London bei einem Unfall mit einem Elektroroller getötet, weil sie mit einem Lastwagen kollidiert war.

Üben, üben, üben!

Obwohl die Roller vielen ein Dorn im Auge sind und die Fahrt gefährlich sein kann, ist der Leiter der Verkehrspolizei keineswegs prinzipiell gegen den Trend. Für Takacs sind E-Scooter in Wien kein Problem, sondern eher eine Chance für mehr Mobilität.

Wichtig sei es laut Takacs sich bei der ersten Fahrt nicht gleich in den Straßenverkehr zu stürzen: „Man sollte auf einer freien Fläche üben und dann muss einem bewusst sein, dass man mit vielen anderen Verkehrsteilnehmern auf der Straße ist.“ Im Moment fehle es auf den Straßen und Fahrradwegen leider noch an der gegenseitigen Wertschätzung.

Pro & Conrta: Wozu E-Scooter?

Pro:

Vorweg: Der Autor  dieser Zeilen ist jahrelang mit dem Fahrrad ins Büro gefahren. Das hatte den großen Vorteil, vor der Arbeit schon etwas für den Körper getan zu haben (zudem geht die Strecke ins Büro meist bergab), und den Nachteil,  am Feierabend völlig durchgeschwitzt (weil bergauf!) daheim anzukommen. Seit diesem Frühling geht es  mit dem E-Scooter in die Arbeit, und die erste Bilanz ist fast schon euphorisch: Mit 25 km/h ist man so schnell wie die meisten Radfahrer, schwimmt also am Radweg einfach mit dem Verkehr mit. Der Roller ist leise, abgasfrei und das Schwitzen fällt ersatzlos weg.

Martin Bernert

 

Contra:

Sind wir einmal ehrlich: Wer braucht schon E-Scooter? Sie sind mit 25 km/h zu langsam für die Straße und zu schnell für den Gehsteig. Die (Leih-)Scooter liegen ständig im Weg herum und gesundheitsfördernd sind sie sicherlich auch nicht. Tatsächlich scheinen sie ein Vehikel für junge Leute und  Männer in der Midlife-Crisis zu sein, die sich keine Harley Davidson leisten können – aber gerne gefährlich leben wollen. Mit den E-Scootern wird es sein wie mit den Micro-Cars: Es wird leider viele schwere Unfälle geben und dann ist der Boom wieder vorbei. Sie passen einfach nicht ins System.   

Dominik Schreiber