350 Ärzte verkaufen Daten von Patienten
Von Birgit Seiser
Nach Deutschland – das Magazin Der Spiegel erhebt schwere Vorwürfe gegen den rechtswidrigen Umgang mit Patientendaten – hat nun auch Österreich eine Affäre um verkaufte Verschreibungsdaten. Anfang 2012 wurde Österreichs Ärzten ein Geschäft angeboten: Für rund 400 Euro pro Jahr können sie Patientendaten an die Softwarefirma IMS Health verkaufen. 350 niedergelassene Mediziner sollen sich auf das Angebot eingelassen haben.
„Die Patientendaten werden für Marketing-Zwecke benutzt. Das ist in Österreich verboten“, sagt Hans G. Zeger, Vorstand der ARGE Daten. Obwohl schon der Verkauf der Daten laut Zeger nicht erlaubt ist, sieht er die primäre Schuld bei IMS Health. „Das System ist so konzipiert, dass die Ärzte wahrscheinlich selber nicht wissen, was für Daten sie weitergeben. Auf ihren Computern wird eine Software installiert, die sich automatisch Daten herausfiltert.“
Seitens des Software-Riesen wird währenddessen entwarnt. Zwar gesteht man ein, dass die Daten differenziert werden. Die Unterscheidung nach Altersgruppen und Geschlecht, würde aber keine Rückschlüsse auf weitere persönliche Informationen zulassen. IMS-Österreich-Chefin Erika Sander spricht davon, dass alle Daten „rein für Marktstudien und Analysen benutzt werden“. Es gäbe für IMS keine Notwendigkeit, personenbezogene Daten zu erheben.
Die Ärztekammer (ÖAK) schlug schon vor einem Jahr Alarm. Mittels Rundschreiben wurden damals österreichweit alle Praxen vor dem Vertragsabschluss gewarnt. Außerdem bringt man noch einen weiteren Aspekt ins Spiel: „In Österreich gibt es 20.000 niedergelassene Ärzte. Es ist also für jede Statistik sinnlos, einen so kleinen Bruchteil von 350 Arztpraxen zu erheben.“
Gesundheitsminister Alois Stöger fordert von der ÖAK eine restlose Aufklärung. Sollte sich der Verdacht erhärten, muss laut Johann Maier (SPÖ) Vorsitzender des Datenschutzrates, die Staatsanwaltschaft aktiv werden.
Ahnungslose Patienten
Während die Experten diskutieren, bleiben die Patienten machtlos. Der Betroffene hat wenig Chance nachzuvollziehen, ob seine Daten verkauft werden. Eva Souhrada-Kirchmayer von der österreichischen Datenschutzkommission: „Normalerweise erkennt man als Patient einen Datenklau nicht. Man hat zu wenig Einblick in die Abläufe. Dennoch sollte man sich so gut es geht informieren“. Eine Möglichkeit ist die einfache Frage an den Arzt. Sollte dieser Daten weitergeben, so ist er verpflichtet, das mitzuteilen. Außerdem solle man vom Auskunftsrecht Gebrauch machen – sprich bei IMS Health nachfragen, ob es Informationen zur eigenen Person gibt.
2012 brachte die Tiroler Ärztekammer die Causa ins Rollen. Damals wurde Anzeige bei der Datenschutzkommission erstattet. Ergebnis: Daten dürfen nur streng anonymisiert weitergegeben werden.