Chronik/Oberösterreich

„Würde es Gerti Jahn zutrauen“

Barbara Prammer (58) wurde kürzlich mit der Ehrenbürgerschaft ihrer Heimatgemeinde Ottnang ausgezeichnet.  Ein Gespräch  über ihre  Ziele und über den Wechsel  an der Spitze  der Landes-SP.

KURIER: Ex-Landesrat Hermann Kepplinger möchte Sie  an der Spitze der SP Oberösterreich sehen. Sieht das Ihre Lebensplanung vor?

Barbara Prammer: Nein, sie sieht das nicht vor.  Solche Überlegungen ehren mich. Es  soll in Oberösterreich einen Generationenwechsel geben. Das  muss in den nächsten Monaten gut vorbereitet werden.  Als leidenschaftliche Oberösterreicherin werde ich mit Rat und Tat zur Verfügung stehen, wenn ich das Gefühl habe, ich werde gebraucht.

Der neue Landesrat Reinhold Entholzer hat erklärt, er wäre bereit, Landesparteivorsitzender zu werden.

Er ist sicher einer jener, die in der engeren Wahl sind. Neben ihm gibt es noch andere.

Wer sind die?

Ich werde keine Namen nennen.  Ich habe einige im Auge, bei denen ich mir das vorstellen könnte.

Sind darunter auch Frauen?

Ja.

Zum Beispiel?

Es ist kein großes Geheimnis, dass man es der  Klubobfrau (Gertraud Jahn, Anm. d. Red.) durchaus zutrauen kann.

Noch andere Frauen?

Ich nenne sicher keine weiteren Namen. Man wird das ausdiskutieren und dann die beste Lösung finden. Die Hauptverantwortung liegt bei Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl.  Ich sage immer, die größte Qualität eines Vorsitzes macht sich im Abgang bemerkbar.  Ich bin überzeugt,  dass er sich darauf schon vorbereitet. Es wird ein Schritt nach dem anderen gesetzt werden.

Der Wechsel ist geplant für den Landesparteitag im November 2013. Wird es dabei  bleiben?

Eine andere Planung gibt es nicht.  Ob es genau der Landesparteitag sein wird, kann ich nicht genau beurteilen. Ich kann aber auch nicht ausschließen, das es zu einem anderen Zeitpunkt passiert.

Zu Ihrer persönlichen Lebensplanung: Nächstes Jahr finden Nationalratswahlen statt. Laut den derzeitigen Umfragen bleibt die SPÖ wohl stärkste Partei. Ihre Chancen stehen gut, wieder Erste Nationalratspräsidentin zu werden.

Ich würde das gerne weiter bleiben. Im Oktober  werden es sechs Jahre, dass ich Präsidentin bin. Ich mache das sehr gerne.

Die Rolle liegt Ihnen?

Sie werden mich nicht erwischen, um es auf gut oberösterreichisch zu sagen, dass ich  gern Schmäh führe. Daher werde ich von der Bevölkerung auch ernst genommen. Das gehört zur Rolle einer Nationalratspräsidentin. Ich mahne  Ordnung ein. Ich konnte ein Lebensziel verwirklichen.

Sie haben Karriere gemacht. Sie begannen als Gemeindebeamtin in Ottnang und sind nun Präsidentin. Um es so weit zu bringen, gehört auch Ehrgeiz dazu.

Den Faktor Glück sollte man nicht aussparen. Wer meint, er sei alles ohne Glück geworden, ist nicht ehrlich zu sich selber. Das Zweite ist Konsequenz und auch Ehrgeiz. Und vor allem hohe Disziplin. Ein „Jetzt freut es mich nicht" oder Schlendrian sind nicht drinnen.  Disziplin heißt, bei den Themen zu bleiben und wenig auf sich selbst zu schauen. Es verlangt viel Disziplin, sechs oder sieben Wochen lang keinen einzigen freien Tag zu haben.

Die oberösterreichischen  Abgeordneten vertreten im Parlamentsklub  öfters eigene Standpunkte. So hat die Abgeordnete Sonja Ablinger zuletzt gegen den Fiskalpakt gestimmt.

Ich bin mit den oberösterreichischen Abgeordneten gut vernetzt. Das ist mir sehr wichtig.  Wenn es ein schwieriges Thema gibt, wird es nicht durchgewunken. Bei bestimmten Themen geht es in den Diskussionen oft heftig zu. Es werden gute, ja exzellente Debatten geführt. Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass zu wenig diskutiert worden ist. Aber man muss wissen, dass man eine hohe Verantwortung trägt, wenn man Mitglied einer Regierungsfraktion ist.  Es kommt immer  darauf  an, gute, tragfähige Kompromisse zu finden. Es ist schnell gesagt, das und das ist das absolut Richtige. Aber wenn ich es schließlich nicht umsetzen kann, ist es wertlos.

Macht Ihnen die Entwicklung in Europa nicht Angst? In Deutschland gibt es offenbar keine parlamentarische Mehrheit mehr für weitere Griechenland-Hilfen.

Es ist die falsche Antwort. Ich bin der Überzeugung, dass die nächsten Schritte in Richtung Euro-Bonds gehen müssen. Ich bin hier mit dem Bundeskanzler einer Meinung. Das bedeutet gemeinsame europäische Anleihen. Es braucht hier ein Mehr an Europa, denn es ist eine Illusion zu glauben, dass das ein einzelner Staat allein lösen kann.

Soll es nach der Nationalratswahl wieder eine große Koalition zwischen der SPÖ und der ÖVP geben?

Das wird das Wahlergebnis zeigen. Ich bin stolz auf meinen Bundeskanzler, der konsequent eine Koalition mit den Freiheitlichen ausschließt. Ich stehe zu hundert Prozent hinter dieser Position. Alles andere wird sich weisen.

Landesrat Reinhold Entholzer plädiert für Gespräche mit den Freiheitlichen. Das sei demokratisch, argumentiert er. Er hat eine Koalition mit der FPÖ nicht ausgeschlossen.

Für mich ist das undenkbar. Dass man mit allen redet, ist logisch. Man redet mit jedem. Es geht auch nicht darum, jemanden auszugrenzen.  Es geht hier um Ansichten und Werthaltungen. Wenn ich weiß, dass ich in manchen Punkten Meilen entfernt  bin, werde ich nicht zusammenarbeiten können. Das ist keine Ausgrenzung, sondern eine Entscheidung.