Chronik/Oberösterreich

Wo der Luchs das Rotwild reißt

Harald Hörschläger braust mit seiner KTM auf dem Forstweg heran, den Jagahut tief in die Stirn gezogen, seinen neunjährigen Sohn Johannes auf dem Rücksitz, links und rechts flankiert von orangen, leeren Kübeln, die im Fahrtwind flattern. Er hat auch noch ein paar Stiefel mitgebracht, für den Herrn Redakteur aus der Stadt, damit dieser keine nassen Füße bekommt.

Hartes Gras

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Es ist schier unglaublich, wie feucht es im Iglbachmoor  ist. Trotz der  hochsommerlichen Hitze. Unter jedem Schritt gibt der Boden nach, es sammelt sich Wasser. Das Gehen  ist schwer und anstrengend.   Das Gras ist   härter und schneidender als  auf normalen Wiesen.  Hier wächst auch der Sonnentau, eine fleischfressende Pflanze.  Sie bekommt zu wenig Nahrung und ist daher auf Käfer, Fliegen und Spinnen angewiesen, die auf seinen Blättern kleben bleiben und verspeist werden. An manchen Sumpflöchern  könne man schon bis zur Hüfte versinken, sagt Hörschläger, dem das Moor gehört. 

Er führt das Landhotel Haagerhof in Oberhaag bei Schlägl (Bez. Rohrbach). Er verzichtet auf die Bewirtschaftung des Moores  und stellt es  dem Land Oberösterreich zur Verfügung, die es unter Naturschutz  gestellt hat. Es ist ungefähr fünf Hektar groß  und erstreckt sich  auf österreichischem und tschechischem Staatsgebiet. Es wird durchschnitten vom Iglbach, einem kleinen Bächlein, der die Grenze bildet und in den Moldaustausee mündet. Er hat auch den Schwarzenberg`schen Schwemmkanal gespeist (siehe unten stehenden Artikel).

„Die Torfauflage ist bis zu einem Meter tief. Es dauert Jahrtausende, bis sich so etwas entwickelt", erzählt Stefan Guttmann von der Naturschutzabteilung des Landes. Es wachsen hier bodensaure Fichtenwälder, die teilweise  200 Jahre alt sind.

Der Böhmerwald und die Täler der großen und kleinen Mühl sind Europaschutzgebiet.  Der Böhmerwald umfasst rund 150.000 Hektar, 10.000 davon befinden sich auf österreichischem Staatsgebiet, 60.000 auf tschechischem, der Rest ist in Bayern. Es ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Mitteleuropas.  Wegen  der Lage zwischen 800 und 1300 Höhenmetern entwickelt sich  hier eine besondere Pflanzen- und Tierwelt. „Die Moorwälder und die dauernde geschlossene Walddecke sind besonders interessant", sagen Gutt mann und der Rohrbacher Bezirksoberförster Rupert Fartacek

Hotelbetrieb

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Das Stift Schlägl, dem 6000 der 10.000 Hektar des österreichischen Böhmerwaldes gehören, verzichtet auf Kahlschläge und schneidet nur einzelne Bäume heraus. Das ist aufwendig, denn es bedingt die Aufrechterhaltung vieler Forstwege, die auch  von den Wanderern, Radfahrern und im Winter von den Langläufern genutzt werden.

Das riesige Waldgebiet gefällt auch den Tieren. „Einmal im Jahr sehe ich einen Elch", erzählt Hörschläger, der neben dem Hotelbetrieb auch Yaks und Angus-Rinder züchtet.  Auch Luchse sind unterwegs. „Vor Kurzem habe ich einen Rehbock gefunden, der von einem Luchs gerissen wurde."

Der Schwemmkanal als achtes Weltwunder

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Es ist ein eisiger Wintertag im Jahr 1774. Die Wiener zittern vor Kälte, das Brennholz ist knapp. Zur selben Zeit präsentiert im Böhmerwald der junge Joseph Rosenauer, Forstingenieur des Fürsten Schwarzenberg, seine geniale Idee, einen Kanal zu bauen, auf dem das Holz aus den abgelegenen Gebieten des  Böhmerwaldes über die große Mühl bis kurz vor deren Mündung in die Donau geschwemmt werden soll. Dort wurde es im Ausschwemmkanal mit Rechen aufgefangen, auf Schiffe verladen und nach Wien gebracht. Wegen der niedrigen Transportkosten wurde es mit großem Gewinn  verkauft.

Der Kanal mit einem Gefälle von zwei Promille galt als ingenieurtechnische Meisterleistung und wurde als achtes Weltwunder bezeichnet.  1789 wurde mit dem Bau begonnen. Für die Schwemme wurden 1200 Arbeiter eingesetzt,  acht Millionen Kubikmeter Brennholz transportiert. Heute kann man den rund 52 Kilometer langen Schwemmkanal auf einer Forststraße mit dem Rad entlangfahren. Er beginnt in Bayern und führt über Tschechien  bis kurz vor Haslach.