Windräder in Nationalpark-Nähe: Steinadler in Gefahr
Steinadler, Falke, Schwarzstorch, Wespenbussard, Fledermaus: Sie alle wären durch die rund 50 Windkraftanlagen, die auf den Höhenrücken zwischen Enns- und Steyrtal errichtet werden sollen, gefährdet. Käme ein Steinadler mit den Rotorblättern in Berührung, hätte er keine Überlebenschance, erklärt Franz Sieghartsleitner vom Nationalpark Kalkalpen: „Die Windräder bestreichen eine Fläche von bis zu 10.000 Quadratmeter und erreichen an den Rotorspitzen Geschwindigkeiten von über 300 km/h. Eine Kollision ist für jeden Vogel tödlich.“ Nationalpark-Direktor Erich Mayrhofer befürchtet sogar, dass ganze Populationen von seltenen Tieren abwandern, weil sie sich durch die Windräder gestört fühlen könnten.
Verschandelung
Auch bei Tourismusexperten, Anrainern und Naturschützern wird der Protest gegen die geplanten Windparks immer lauter. Die bis zu 200 Meter in den Himmel ragenden Anlagen seien ein massiver Eingriff in das Landschaftsbild, warnt Herbert Jungwirth, Naturschutzreferent des Alpenvereins in Oberösterreich. Er spricht offen von „Verschandelung“, die Windräder würden beliebte Wanderrouten unattraktiv machen und die Sicht auf Gipfel und ins Alpenvorland verstellen. „Hier wird ein einzigartiger Naturraum auf Kosten der Allgemeinheit zerstört. Die Gewinne aber werden privatisiert“, meint Jungwirth im Gespräch mit dem KURIER.
Ebenfalls kritisch sieht die geplanten Windräder Oberösterreichs Umweltanwalt Martin Donat: „Aus Sicht des Vogelschutzes sind die Projekte problematisch. Die Tiere kennen keine Nationalpark-Grenzen.“ Davon abgesehen dürfe die Erhaltung der Natur nicht vor den Toren des Nationalparks enden, das Reservat lebe auch von seiner unmittelbaren Umgebung.
Diese wird von immer mehr Touristen geschätzt und genützt. Die Nächtigungszahlen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. „Wir haben massive Bedenken. Manche Hütten müssten zusperren. Und wir wissen, dass viele Gäste nicht mehr kommen würden, wenn auf einmal überall die Windräder stehen“, sagt Touristiker Alois Wick. Den Beitrag zur Energieversorgung habe die Region mit den vielen Wasserkraftwerken an der Enns bereits geleistet: „Wir brauchen nicht mehr energieautark werden. Wir erzeugen schon fünf Mal so viel Strom, wie wir brauchen.“
Windmessungen
Bei den Projektwerbern, allen voran der Energie AG Oberösterreich, gibt man sich derzeit zugeknöpft: Die Gegend sei für Windkraftanlagen interessant, derzeit müssten aber noch Messungen durchgeführt werden, erklärt Sprecher Michael Frostel: „Bis dahin wollen wir nicht in eine Detaildiskussion einsteigen.“ Wie Einheimische hinter vorgehaltener Hand berichten, seien die Messungen aber unbefriedigend verlaufen, weil es im Sommer kaum Wind gegeben habe. Bei solchen Wetterverhältnissen ginge sich trotz großzügiger Subventionierung des Windstroms kein Gewinn aus.
Ob die Anlagen genehmigt werden, entscheiden zunächst die Gemeinden. Dann durchlaufen die Bauansuchen noch verschiedene behördliche Prüfungen. Naturschutzlandesrat Manfred Haimbuchner (FPÖ) verspricht, in der ökologisch sensiblen Region besonders genau zu schauen.