Chronik/Oberösterreich

Viele Banken, niedrige Gebühren

Andreas Mitterlehner (52) ist seit acht  Jahren Vorstandsvorsitzender der Hypo Oberösterreich.

KURIER: Wie geht es der Hypo?

Andreas Mitterlehner: Es geht ihr gut. Der Aufsichtsrat hat diese Woche das  gute Jahresergebnis von 25 Millionen Euro Überschuss bestätigt. Wir haben in einem schwierigen Umfeld ein gutes Ergebnis erwirtschaften können. Für 2012 rechnen wir mit einem ähnlichen Plus. Wir sehen uns in unserem Geschäftsmodell durchaus bestätigt.

Ihr Institut betont, es lege Wert  auf Nachhaltigkeit.

Wir haben auf ein risikoarmes Modell gesetzt.  Wir verstehen uns als konservativ im positiven Sinn des Wortes, sprich, wir arbeiten Wert erhaltend.  Deshalb hat das Risikomanagement im Haus höchste Priorität. Mit dieser Strategie sind wir gut durch die Krise gekommen. Wir sind in Geschäftssparten bzw. bei Zielkunden  so positioniert, dass die Risken deutlich geringer sind. Wir finanzieren sehr stark im öffentlichen  Bereich und sind der Hauptfinanzier im Wohnbau.   Wir haben sehr viele Kunden bei den Freiberuflern und im Vergleich zu anderen Banken ein niedrigeres Kreditrisiko.  Umgekehrt sind natürlich die Zinsspannen relativ knapp.

Die Raiffeisen-Landesbank hält 49 Prozent an ihrem Institut, 51 Prozent gehören dem Land Oberösterreich. Ludwig Scharinger ist nun aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden. Macht sich das bemerkbar?

Heinrich Schaller hat ihn abgelöst und hat nun den stellvertretenden Aufsichtsrats-Vorsitz inne. Es wird sich aber nichts Gravierendes an der guten Zusammenarbeit und der Partnerschaft zwischen den beiden Häusern ändern.

Die Sparer bekommen derzeit ganz niedrige Zinsen. Sie liegen unter  der Inflationsrate. Das heißt, sie verlieren Geld. Welche  Anlageempfehlung geben Sie dem Sparer, dass er dem Wertverlust entgeht?

Wir haben bereits seit längerer Zeit eine anhaltende Tiefzinsphase.  Die Europäische Zentralbank belässt den Leitzins bei einem Prozent. Bei den Sparanlagen findet sich dieses eine Prozent wieder. Dass die Zinsen den Kunden zu wenig sind, ist nachvollziehbar. Sehr sichere Anlagen wie Bundesanleihen liegen bei etwa 2,7 Prozent. Es kann schon Sinn machen, zum Beispiel in Wohnbauanleihen zu investieren. Man erhält hier bis zu vier Prozent, KESt-frei. Die Laufzeit ist mindestens zehn Jahre, aber es gibt aus dem Sekundärmarkt heraus auch kürzere Laufzeiten. Es gibt auch  sichere Veranlagungen wie Pfandbriefe, dafür bekommt man  aber auch nicht viel mehr als drei Prozent.
Wenn man etwas risikogeneigter ist, gibt es diverse Veranlagungsmöglichkeiten in den unterschiedlichen  Fonds. Beginnend bei  Rentenfonds oder gemischten Fonds, die auch Aktien beinhalten. Man muss das ganz individuell auf den Kunden abstellen. Es hängt von dessen Risikofreudigkeit ab.
Für die meisten Anleger steht Sicherheit an erster Stelle. Aufgrund der Krisen ist die Angst um das Kapital gestiegen. Sparanlagen und Pfandbriefe stehen daher hoch im Kurs der Kunden. Eine gute Mischung macht Sinn: Ein Teil  Spareinlagen, ein Teil Anleihen, und je nach Risiko Unternehmensanleihen. Aktien sind in Zeiten wie diesen sehr volatil. Sie sind längerfristig sicher interessant.

Wie stellt sich derzeit die finanzpolitische Stabilität Europas dar?

Wir haben auf der einen Seite eine robustere Wirtschaft als viele glauben wollen. Die Stimmung bei den Unternehmern ist durchaus positiv. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Die Exportwirtschaft  ist stark. Wir haben in der Realwirtschaft durchaus ein stabiles Umfeld.
Die Herausforderung besteht darin,   die  Stabilität, die  man in die Finanzwirtschaft bringen konnte, zu erhalten.  Sie wurde gefördert durch die extrem hohe Liquidität, die die Europäische Zentralbank in den Markt gebracht hat.

Wir haben in Österreich einige Banken, die ohne Staatshilfe pleitegehen würden. Soll der Staat tatsächlich zahlen?

Man muss sich heute sehr ernsthaft damit auseinandersetzen, wie man in guter und geordneter Form bei einer Pleite eine Bank aus dem Markt nehmen kann. Es gibt derzeit kein Bankeninsolvenzrecht. Eine unkontrollierte Pleite würde durch den Dominoeffekt hingegen noch mehr Schaden anrichten.
Es kann aber auf Dauer nicht funktionieren, dass der Staat die Kosten übernimmt, wenn eine Bank pleitegeht. Die Pleiten zeigen an, dass wir am Markt Überkapazitäten haben.  Das Scheitern liegt nicht nur an der Unprofessionalität des Managements, sondern auch daran, dass die Banken nicht entsprechend verdienen können. Wir haben eine Marktbereinigung vor uns. Die Banken leiden alle darunter, dass wir sehr viele Anbieter sind. Deshalb tun wir uns schwer, ausreichend Erträge zu generieren. Wir erleben einen zunehmend stärkeren Kostenwettbewerb. Deshalb müssen wir die Kosten optimieren.  Man stellt die Filialdichte infrage,  man verknappt  die Personalressourcen. Das Dritte ist der Risikowettbewerb. Man muss ein Top-Risiko-Management haben.

Der Wettbewerb kommt dem Konsumenten zugute. Es gibt günstigere Kontoführungsgebühren, günstigere Kredite etc.

Das ist ja auch Tatsache. Im internationalen Vergleich sind die österreichischen Bankkunden preislich bessergestellt als der Durchschnitt in Europa. Allein bei den Kreditspannen liegen wir in Österreich bei 0,7 Prozent, international beträgt sie 1,4. Das bedeutet, dass die österreichischen Kreditkunden  besser konditioniert werden als der europäische Durchschnitt. Der Sparer bekommt auch in Österreich bessere Veranlagungszinssätze. Auch wenn er das wegen der niedrigen Zinsen momentan nur schwer verstehen wird. Er zahlt auch niedrigere Bankdienstleistungsgebühren. In Österreich profitieren die Kunden preislich schon sehr lange. Das ist ihnen aber nicht so bewusst, weil sie die Gebühren in den anderen Ländern nicht kennen.

Die westliche Welt leidet unter der Staatsschuldenkrise. Anfang 1970 betrug die österreichische Verschuldung 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, heute sind es rund 75 Prozent. Wie lange wird es dauern,  bis wir vom Schuldenberg runterkommen?

Das hängt davon ab, wie weit man runterkommen will und wie durchsetzungsstark die Politik ist. Die Notwendigkeit des Schuldenabbaus ist in jedem Staat unterschiedlich hoch. In Österreich hat man begriffen, dass man sparen muss. Man muss hier auch die Gesamtvolkswirtschaft einer Betrachtung unterziehen. Man muss das gesamte Vermögen des Staates, der Privaten und der Unternehmen in Relation zu den gesamten Verbindlichkeiten betrachten. Hier schaut Österreich nicht so schlecht aus. Das Potenzial ist da. In Wirklichkeit steht ein Umverteilungsprozess an. Er wird auch eingeleitet über Steuermodelle. Wir haben die positive Perspektive, dass unsere Wirtschaft von der Produktivität und der Wertschöpfung immer noch stark genug ist, um mit den Schulden zurechtkommen zu  können.

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