Chronik/Oberösterreich

„Überdrüberwurst“ gesucht

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Behutsam nimmt Rudolf Menzl einen kiloschweren Bauernschinken aus einem Plastiksackerl, dreht ihn kurz in der Hand, streicht über die glatte Oberfläche und führt ihn zur Nase. Wie ein perfekter Schinken riechen muss? „Einfach zum Reinbeißen", sagt der Bundesinnungsmeister der Fleischer mit glänzenden Augen.

Reinbeißen musste in den vergangenen drei Tagen eine zehnköpfige Fachjury für den 19. internationalen Fleisch- und Wurstwettbewerb in Wels. Bei mehr als 1200 Produkten, die ihnen über den Gaumen wandern, muss die Liebe zum Metier groß sein. „Wurst kannst du immer essen", meint Andreas Söllner, ein altgedienter Fleischermeister aus Wien. In der Mittagspause gönne er sich mit seinem Jury-Kollegen Rudolf Schwaiger zur Abwechslung einen Marillenkuchen.

Medaillenregen

Auf einem Bewertungsbogen werden die Sinne der Juroren abgefragt: Tasten, Riechen, Schmecken – aber auch das Auge isst bekanntlich mit. „G`schmackig" muss sie sein, die perfekte Wurst. 50 Punkte gibt es für ein optimales Produkt. Für eine wahre „Überdrüberwurst", wie Juror Franz Lindlbauer es ausdrückt, gebe es sogar Bonuspunkte – zum Beispiel für Produkte mit Naturdarm.

Abzüge drohen bei Wässrigkeit und zu viel Salz – häufige Fehler in der Wurstindustrie, weiß Söllner: „Fleisch muss nach Fleisch schmecken. Übertriebene Würze soll Mängel kaschieren. Das merken wir sofort." Die Qualität des Fleischerhandwerks sei aber enorm gestiegen, weshalb es heuer gar einen Goldmedaillen-Regen geben soll.

Geschmacksimpressionen

Von der Aufschnittwurst über Speck, Bratwürste und Leberkäse bis hin zur Sulz schickten sieben Nationen ihre Produkte ins Rennen. Indien, Venezuela und Neuseeland sind die exotischsten Teilnehmer. „Es schmeckt halt ein bisserl anders als bei uns, aber im Prinzip ist eine Extrawurst eine Extrawurst", sagt Innungsmeister Menzl, der die Produkte ohnehin nur anonymisiert auf den Tisch bekommt. Interessant seien nicht die so genannten „Fantasiewürste", sondern vor allem die regionalen Raffinessen. „Dafür, dass wir ein so kleines Land sind, haben wir eine sehr große Auswahl. Österreich gilt als Favorit bei dieser Weltmeisterschaft", meint er.

Am kommenden Mittwoch werden die Sieger bei der Eröffnung der Agraria Landwirtschaftsmesse in Wels gekürt.