Chronik/Oberösterreich

„Trittbrettfahrer der Agitation“

Franz Mittendorfer (50) ist Aufsichtsratsvorsitzender der langeseigenen Spitalsholding gespag und seit dieser Woche auch Vorsitzender der Rechtsanwaltskammer.

KURIER: Wie kann man in Zeiten, in denen in allen Spitälern gespart werden muss, den gespag-Vorstand auf drei Personen erweitern?
Franz Mittendorfer: Ich habe Verständnis für den Aufruhr in der Öffentlichkeit. Aber ich muss mit einer Gegenfrage antworten. Wie kann man es sich leisten, diese Entscheidung nicht zu treffen, wenn man den Bedarf  als notwendig erkennt?

Es gäbe andere  Möglichkeiten. Zum Beispiel für die Medizinuniversität   eine Position  unterhalb des Vorstandes zu schaffen.
Natürlich hätte es Möglichkeiten gegeben, das  in einer anderen Unternehmensebene zu verpacken. Das Problem ist, dass die oder derjenige  wiederum der Weisung des Vorstands unterstellt wäre.  Wir brauchen aber jemanden, der innerhalb des Unternehmens weisungsfrei  agiert. Ich finde die Argumentation des Präsidenten der Ärztekammer   eigenartig, zu sagen,  wir brauchen keinen dritten Vorstand, aber wenn man einen braucht, dann muss es ein Mediziner sein. Entweder gibt es einen Bedarf oder es gibt keinen. Das  ist eine durchsichtige Argumentation.  

Es wird kolportiert, dass deshalb ein dritter Vorstand installiert wird, weil man aus Proporzgründen einen der bestehenden Vorstände nicht ablösen will.
Bedauerlicherweise ist es zur medialen Übung geworden, aus Anlass einer jeden Neubestellung bzw. Verlängerung die Vorstände schlecht zu machen. Niemand ist fehlerlos. Wenn es Kritik an der Arbeit des Vorstandes gibt, dann  gehört das zu den Aufgaben eines  Aufsichtsrates. Wir stehen in einem regen Austausch, wir haben regelmäßig Besprechungen, es gibt sehr offene  Diskussionen und kritische Feedbacks.   Das ist eine konstruktive  Arbeit  nach innen. Es ist falsch,  zu sagen, man darf einen Vorstand nur dann verlängern, wenn er nie einen Fehler gemacht hat. Es ist falsch,  zu sagen, dass der Vorstand nicht in der Lage wäre, seine Arbeit fortzusetzen. Beide machen eine sehr gute Arbeit. Nicht unkritisiert, aber das bringt der Job mit sich. Wir stehen vor einer Situation, dass es  zusätzliche Aufgaben von fundamentaler Bedeutung für den Erfolg der Umsetzung der Spitalsreform gibt und  diese verlangen eine zusätzliche Kapazität auf erster Ebene.

Decken Sie mit Ihrem Auftreten nicht den Landeshauptmann, der ja politisch letztverantwortlich ist?
Selbst wenn es mir im Kosmos der Medienberichterstatter und der Öffentlichkeit niemand glauben will. Ich  habe mehrere  Kolleginnen und Kollegen im Aufsichtsrat angesprochen, dass wir eine Verstärkung brauchen. Erst dann bin ich zum Landeshauptmann gegangen.
Das politische Fett bekommt   aber der Landeshauptmann ab.
Leider. Hier beteiligen sich einige Trittbrettfahrer an der politischen Agitation gegen den Landeshauptmann.

Wer sind die Trittbrettfahrer?
Der Präsident der Ärztekammer. Ich bin erschüttert darüber, wie  er sich im ORF-Report dazu hinreißen ließ zu sagen, dass hier der Eindruck des Postenschachers gegeben ist. Und das in einer Phase, wo es noch keine oder vielleicht gar keine Bewerbung von Elgin Drda (Büroleiterin des Landeshauptmanns, Anm. d. Red.)  geben wird. Das ist unverantwortlich. Ähnliches betrifft  den Landesrechnungshofpräsidenten Helmut  Brückner. Der Rechnungshof hat die Frage des dritten Vorstandes nicht geprüft. Im Bericht zur Umsetzung der Spitalsreform vom Juni 2012 kommt er zum Schluss: „Zur Erreichung der Reformziele sind die jeweiligen  Treiber in der Steuerungsfunktion gefordert.“  Er hat sich nicht befasst mit der Frage, ob ein dritter Vorstand notwendig ist.   Ich finde es eigenartig, dass Brückner   es für notwendig hält,  in seinem Blog auf der Homepage des Landesrechnungshofs seine Privatmeinung mitzuteilen.  Er schreibt:  „Ich hatte die Meinung, dass die Reform gut aufgesetzt ist und ich kann beim besten Willen den Bedarf nicht nachvollziehen.“ Das ist ebenso unverantwortlich.

Wird Elgin Drda den Job bekommen?
Ich weiß es nicht. Die erste Voraussetzung wäre, dass sie sich bewirbt, die zweite, dass sie aus dem Bewerbungsverfahren als Bestgeeignete hervorgeht. Wenn sie sich bewirbt, hat sie sicher sehr gute Chancen, denn jeder, mit dem ich gesprochen habe, hat gesagt, dass sie sehr gut qualifiziert ist.

Als politischer Kompromiss könnte ja herauskommen,  dass Drda auf eine Bewerbung verzichtet.
Ich weiß nicht, ob man das als politischen Kompromiss bezeichnen darf. Am Ende des Tages sollte man doch Respekt haben vor der Person und vor dem Faktum, ob sie ungeachtet des Medienrummels und des Bombardements gegen sie sich bewerben wird.

Landeshauptmann Josef Pühringer verspricht, dass der dritte Vorstand der gespag nicht mehr kosten darf. Wie geht sich das aus?
Der dritte Vorstand ist als Investition in die Zukunft zu sehen.  Die Spitalsreform soll  2,3 Milliarden Euro einsparen. Dazu bedarf es  Personen, die in der Lage sind, konsequent vorzugehen.  Und das kann man nicht von der zweiten und dritten Ebene verlangen, sondern nur von der ersten. Man muss natürlich die zusätzlichen Kosten, die unter Einrechnung der Nebenkosten in Summe erheblich über den kolportierten 180.000 Euro pro Jahr liegen werden,   in Relation zu diesem  Einsparpotenzial sehen. Mehr als 50 Prozent der Einsparungen sollen  im nichtmedizinischen Bereich realisiert werden. Es bedarf konsequenter, entscheidungsbefugter Personen.

Haben Sie mit der   Heftigkeit der Reaktionen gerechnet?
Wir waren uns bewusst, dass eine unpopuläre Entscheidung zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt getroffen wird.  Aber  sie kann nur zum Zeitpunkt des Ablaufens des jeweiligen Turnus gemacht werden. Die Verträge der Vorstände laufen mit 31. März 2013 aus.  Sechs Monate vorher muss man ausschreiben. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Ganze in einer Agitation gegen den Landeshauptmann endet. Ich bin entsetzt, dass völlig unsachlich diskutiert wird, bis hinauf zum ORF. Die Report-Sendung  war  weit weg von jeglicher Sachlichkeit.  

Relativ scharf war auch die Protestresolution der Ärzte.
Nein. Es gibt keine Resolution. Es war eine Protestnote, in der höflich um eine adäquate Sachverhaltsdarstellung gebeten wurde. Das ist völlig in Ordnung. Den Mittelbau muss man informieren und aufklären. Nicht in Ordnung war die unbedarfte Wortspende von Präsident Niedermoser.

Die Rücknahme des Beschlusses kommt für Sie nicht infrage?
In meiner Funktionsausübung würde ich das nicht machen. Wenn man zum Schluss kommt, dass die Entscheidung unrichtig ist, dann  ist das eine politische Frage. Ich habe  kein Problem damit, dass ich meine Verantwortung zurücklege. Wenn ich morgen nicht mehr Aufsichtsratspräsident bin, bin ich es nicht mehr. Punkt. Ich bin von diesem System nicht abhängig.

Landeshauptmann  Pühringer gehen die Proteste sehr nahe.
Wem geht eine derartige Agitation nicht nahe? Er verdient es nicht, dass seine jahrzehntelange Arbeit nur an dieser Entscheidung gemessen wird.

Mehr zum Thema

 

  • Hauptartikel

  • Hintergrund