Trainieren für den Tag X irgendwann
Von Andrea Blum
Von Gerhard Marschall
Verena Preiner schuftet in der Kraftkammer im Keller und spult auf dem Ergometer Kilometer ab. Zwischendurch läuft sie durch den Wald unweit ihres Hauses in Leonding nahe Linz und baut dabei Intervalletappen ein. „Auspowern“ nennt sie das.
Lukas Weißhaidinger hat sich nach Taufkirchen an der Pram im Bezirk Schärding zurückgezogen. Die Scheune auf dem Bauernhof seines Bruders Franz wurde 2014 zur Trainingshalle umgebaut. An schönen Tagen schleudert er den Diskus ins Freie, an weniger schönen in ein Netz. Zwischendurch ist Krafttraining angesagt. Die beiden haben bei der Leichtathletik-WM vorigen Herbst Bronze gewonnen, Preiner im Siebenkampf, Weißhaidinger im Diskuswurf.
Warum sich so plagen?
Wie viele andere machen Österreichs Top-Leichtathleten zurzeit Homeoffice. Doch wie lässt sich die Motivation für die tagtägliche Plagerei hochhalten, wenn nicht auf ein konkretes Ziel hin trainiert werden kann?
Die Olympischen Spiele in Tokio, der Jahreshöhepunkt, auf den alles ausgerichtet war, finden wegen der Corona-Pandemie erst nächstes Jahr statt. Und auch sonst ist vorerst kein Wettkampf in Sicht. Punkto Motivation habe sich nicht viel geändert, sagt Preiner, „ich versuche, meinen Körper fit zu halten.“ Neben Kraft- und Ausdauertraining nutze sie die Zeit, um die eine oder andere Schwäche auszumerzen. Die Olympia-Verschiebung nimmt die 25-Jährige gelassen: „Ich habe mehr Zeit, mich besser vorzubereiten.“
Reguläres Training wichtig
Auch ihr Trainer Wolfgang Adler sieht darin mehr Vor- als Nachteil: „Ich glaube, dass sie 2021 noch stärker sein kann.“ Dazu müsse sie allerdings bald wieder unter regulären Bedingungen trainieren können. Für eine Athletin, die in gleich sieben Disziplinen top sein muss, ist ein Rumpfprogramm auf Dauer zu wenig. So ist zurzeit Techniktraining nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich.
Weit weg vom Optimalen
„Es ist ein Punkt erreicht, wo es allmählich schwierig wird“, bewertet Lukas Weißhaidinger die Lage kritischer.Wohl tausche er sich regelmäßig mit Trainer Gregor Högler via Skype aus, „aber wir sind weit weg vom Optimalen“. Eher über kurz als lang möchte er in die Südstadt bei Wien, sein angestammtes Trainingszentrum, zurückkehren. Dort hat er optimale Bedingungen, etwa in Gestalt eines speziellen Geräts, das Diskuswürfe simuliert. Für Weißhaidinger ist es keine Frage, dass die über die gesamte Bevölkerung verhängten Maßnahmen wichtig und richtig sind: „Wir müssen jetzt alle zusammenhelfen.“
Pause ist nicht möglich
Dennoch sollten Spitzensportler unter gewissen Sicherheitsbestimmungen, wie etwa beim Bau, auf dem Platz arbeiten dürfen. Wer Sport auf Weltklasseniveau betreibe, könne nicht einfach eine Pause einlegen, argumentiert der 28-Jährige: „Das ist ein stetiger Prozess, man muss immer im System drinnen bleiben. Man kann nicht einen Kippschalter umlegen und ist wieder in Form.“ Irgendwann braucht es laut Weißhaidinger auch den Wettkampf, muss die harte Winterarbeit in Weite umgesetzt werden. „Sonst trainiert man immer nur vor sich hin“, sagt der Innviertler. „Es gibt von der Motivation nichts her, wenn man ein ganzes Jahr nur eingetunkt wird und nicht werfen kann.“
Grundsicherheit durch das Heer
Die finanzielle Basisversorgung der beiden Heeressportler ist gesichert. Doch Trainingsarbeit auf höchstem Niveau ist nicht nur zeitaufwendig, sondern kostet auch Geld. Das will bei Wettkämpfen verdient werden. Und auch wenn die Sponsoren vorerst die Treue halten, möchten sie ihre Werbeträger in Aktion sehen. Ob die Europameisterschaft wie geplant Ende August oder eben im September stattfinden kann, ist offen. Preiner hofft, dass es heuer noch das eine oder anderen Meeting geben wird. „Sonst müsste man sich das Ganze nicht antun“, ergänzt Weißhaidinger.
Abgesehen vom Sportlichen gelte für sie dasselbe wie für alle anderen, sind sich Weißhaidinger und Preiner einig: „Gesund bleiben, das ist jetzt das Wichtigste.“