Chronik/Oberösterreich

Strafanzeige gegen Linzer Richter

Die am Donnerstag in einer Strafanzeige gegen Richter des Landesgerichts Linz erhobenen Anschuldigungen klingen heftig: Urkundenunterdrückung, versuchte Beweismittelvernichtung, versuchter Prozessbetrug. Die Vorwürfe erhebt Jenö Molnar, der in Kinderheimen 18 Jahre lang systematisch gequält und missbraucht worden sein soll. Wie berichtet, fordert er vom Land OÖ wegen „institutionalisierten Unrechts“ mehr als 1,6 Mio. Euro Entschädigung. Ein Zivilrechtsprozess ist im Laufen.

Aufgetaucht

Bestandteil des Verfahrens ist auch eine 1965 zu Unrecht erfolgte strafrechtliche Verurteilung Molnars wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht (sechs Monate schwerer Kerker). Dafür will der 65-Jährige 15.000 Euro Grundentschädigung sowie 200 Euro extra für jeden Tag, den er in Haft gesessen ist.

Im November 2011 suchte Molnars Anwalt schriftlich beim Landesgericht Linz um Zusendung des 46 Jahre alten Strafakts an. Im Jänner antwortete ihm ein Richter, dass das gewünschte Beweismittel leider nicht eingesehen werden könne, da es nicht mehr vorhanden sei. Die Überraschung war daher groß, als ihm Ende Mai  der Anwalt des Landes mitteilte, dass  ein Mitarbeiter des  oö. Landesarchivs bei der Skartierung (Vernichtung) alter Gerichtsakten auf eine Urteilskopie im Fall Molnar aus dem Jahr 1972 gestoßen sei. Die Zerstörung der Akten sollte auf „dringende Urgenz“ des Landesgerichts durchgeführt werden.

Molnar wittert deshalb nun eine Verschwörung: „Es besteht der Verdacht, dass die Richter die Skartierung mit Vorsatz angeordnet haben. Mein Akt wäre jetzt weg, wenn sich der Mitarbeiter des Landesarchivs an diese Verfügung gehalten hätte.“

Fehlinterpretation

Seitens des Landesgerichts werden die Anschuldigungen mit Nachdruck zurückgewiesen. „Der Herr Molnar unterliegt einer Fehlinterpretation“, betont Sprecher Rainer Nimmervoll. Der gewünschte Akt  existiere nicht mehr. „Er ist bereits 1999 zur Skartierung an das Landesarchiv abgegeben worden.“ Dafür gebe es auch Nachweise. Bei der nun aufgetauchten Urteilskopie handle es sich um nur wenige Seiten, die im Zuge eines anderen Verfahrens im Jahr 1972 von einem deutschen Gericht angefordert worden seien. Dass die Papiere dieses Rechtshilfeersuchens ausgerechnet jetzt vernichtet werden sollten, sei reiner Zufall.

Das bestätigt auch Franz Scharf vom Landesarchiv, der den Hilfsakt gerettet hat. „Er ist eine Kurzfassung des Strafakts aus dem Jahr 1965. Ich bin absolut sicher,  dass nichts verheimlicht werden sollte. Es war nur Glück, dass ich die Kopie aus Tausenden  alten Akten herausgefischt habe.“

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