Chronik/Oberösterreich

Ski-U-Bahn soll Tourismus beflügeln

Hans Quatember ist in Alarmbereitschaft: Seit Jahrzehnten besitzt der Pensionist ein Ferienhäuschen am Schafferteich in Vorderstoder. Er genießt die Ruhe, die gute Luft, den Ausblick auf das Wasser und auf die Berge der Pyhrn-Priel-Region im südlichen Oberösterreich. "Im Frühling sind manche Wiesen ganz blau vom Enzian", schwärmt der 70-Jährige. Doch die Idylle sei in Gefahr: "Beim Schafferteich sollen 1600 Parkplätze errichtet werden, falls der Standseilbahntunnel gebaut wird."

Die 4,5 Kilometer lange Ski-U-Bahn durch das Karstmassiv des Warscheneck wäre das Herzstück der geplanten Verbindung der Skigebiete Höss in Hinterstoder und Wurzeralm in Spital am Pyhrn, beide im Mehrheitsbesitz von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Dazu kämen vier neue Gondelbahnen von Hinterstoder nach Vorderstoder, neue Skipisten auf einer Fläche von 70 Hektar und zwei Speicherteiche zur Beschneiung.

Erschließungswahn

Weil die ursprünglich angestrebte oberirdische Querung des Warscheneck naturschutzrechtlich scheiterte, wollen die Projektwerber nun unten durch. Der bekannte Bergsteiger Edi Koblmüller bescheinigt der "Seilbahnlobby" in der Zeitschrift Land der Berge deshalb "Tunnelblick" und "Erschließungswahn". Klimawandel, Wasser- und Energiekosten würden die angebliche 150-Millionen-Euro-Investition zu einer "wirtschaftlichen Totgeburt" machen.

Projektgegner wie Koblmüller treiben Herbert Gösweiner zur Weißglut. Der Tourismusverbandsobmann der Region Pyhrn-Priel nennt sie gerne "Berufsbedenkenträger": "Sie stellen bewusst falsche Behauptungen in den Raum. Ihnen geht es nicht um die Zukunft der Region. Das beobachte ich auch bei manchen Politikern." Gösweiner meint Vertreter von SPÖ und der Grünen, die sich gegen die Skischaukel aussprachen. "Sie patzen uns an, weil dieses Wahlkampfgerülpse im Zentralraum gut ankommt."

Eine Fusion mache Höss und Wurzeralm konkurrenzfähig mit Skigebieten wie der Planai, betont Gösweiner. "Wir hätten dann knapp 100 Pistenkilometer." Die Kritiker würden vergessen, dass die Pyhrn-Priel-Region touristisch teilweise noch in den 1970ern steckengelieben sei. Umso mehr brauche es jetzt Investitionen. "In den 1990ern hatten wir 700.000 Nächtigungen, derzeit 500.000 pro Jahr. Sollen es noch weniger werden?"

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Ob es für das Großprojekt grünes Licht gibt, ist noch offen. Vorderstoder, Hinterstoder und Spital am Pyhrn haben als ersten Schritt ein Umwidmungsverfahren eingeleitet. In Vorderstoder soll es außerdem eine Bürgerbefragung geben.

Die Kosten für Tunnel und neue Lifte beziffert der Tourismusverbandsobmann mit 60 bis 100 Millionen Euro, maximal 30 Prozent trage der Steuerzahler . Dafür erwarte man sich 300 neue Ganzjahres-Jobs und sieben Millionen Euro zusätzliches Steueraufkommen pro Jahr.

Auch auf den Umweltschutz wolle man nicht vergessen, sagt Gösweiner: "Die Menschen in der Region haben schon überrissen, dass eine intakte Natur ein wichtiges Kapital ist."

Durch eine Zehn-Personen-Einseilumlaufbahn sind die Skigebiete Fieberbrunn in Tirol und Saalbach-Hinterglemm/Leogang in Salzburg ab Dezember 2015 miteinander verbunden. Die Region wird dann mit insgesamt 240 Pistenkilometern und 68 Liften zu den größten Skigebieten der Welt gehören.

Die Fieberbrunner Bergbahn investiert rund 20 Millionen Euro in das Projekt, das der gesamten Region zu einem Quantensprung in Sachen Wertschöpfung und Wachstum verhelfen soll. Die Verbindung führt von der Talstation Reckmoos-Süd zur Mittelstation am Talboden des Hörndlingergrabens und dann hinauf zum Reiterkogel. Dort entsteht eine neue, 3,5 Kilometer lange Abfahrt.

Auch im Salzburger Pongau setzt man auf Wachstum: Die Liftgesellschaften Flachau und Zauchensee wollen dort die derzeit längste Drei-Seil-Umlaufbahn der Welt errichten. Sie soll über sieben Kilometer von der Lisaalm in Flachau auf den Rosskopf in Zauchensee führen.

Brückenschlag in Tirol

Gespannt wird indes auf mehrere Gutachten gewartet, die über das Schicksal des umstrittensten Skigebietprojekts in Tirol entscheiden werden: einer Liftverbindung zwischen der „Axamer Lizum“ bei Innsbruck und der „Schlick 2000“ im Stubaital.

Der sogenannte „Brückenschlag“ würde über die geschützten Kalkkögel führen und ein zusammenhängendes Skigebiet mit 84 Pistenkilometern schaffen. Der Tiroler Landtag hat mehrere Prüffragen bei Experten in Auftrag gegeben. So soll etwa geklärt werden, ob der Liftbau der Alpenkonvention zuwider laufen würde. Fraglich ist aber auch die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens.

Die Landtagsklubs sollen am Montag über die Ergebnisse informiert werden. Die Koalitionspartner ÖVP (pro Brückenschlag) und Grüne (contra) sind gespalten. Die Schwarzen könnten das Projekt aber mithilfe anderer Parteien durchdrücken.