Chronik/Oberösterreich

„Sichern die Qualität der Kräuter“

Viele Heilkräuter werden nur über die Apotheken abgegeben. Oberösterreichs Apothekerpräsidentin Ulrike  Mursch-Edlmayr (53) erklärt, warum das so ist.

KURIER: Kräuter dürfen nur über Apotheken vertrieben werden. Warum eigentlich?
Ulrike Mursch-Edlmayr: Tees und Kräuter sind im Lebensmittelhandel erhältlich.  Heil- und Arzneikräuter  gibt es in  der Apotheke.   Sie werden  von Ärzten auf Rezept verordnet. Zum Beispiel ein Blasen-Nieren-Tee oder  ein Leber-Galle-Tee. Wenn man eine Heilwirkung haben will, muss man sicher sein, dass die verwendeten Drogen einen bestimmten Gehalt  an Wirkstoffen haben. Man muss sich verlassen können, dass sie bestimmten Reinheitskritierien unterliegen.  Kräuter sind eben nicht gleich Kräuter.  In der Apotheke geht es um Spezialprodukte und um zusätzliche Beratung und nicht um Standardprodukte.

Verteuert das nicht die Produkte? Wenn man an Apotheken denkt, glaubt man, es ist teuer.
Das ist eine negative Meinung aus der Vergangenheit.  Viele  Arzneitees sind im Vergleich zu Reformtees auch nicht teurer. Mit der absoluten Sicherheit, dass der Gehalt und die Ware stimmen und die Kunden fachlich hochwertige Beratung erhalten. Den pflanzlichen Stoffen zollt man genauso  eine Umsicht und Genauigkeit  wie  anderen Arzneistoffen.

Die Kräuter werden im Umsatz einer Apotheke eher eine untergeordnete Rolle spielen.
Nein. Man darf die  pflanzlichen Zubereitungen nicht auf Tees reduzieren. Es geht ja auch um die Tinkturen und Extrakte aus Pflanzen. Die Alkohol-Wasser-Auszüge, mit denen schon Paracelsus gearbeitet hat, sind ein klassisches Thema für die Apotheke und genießen auch  höchste Akzeptanz bei der Bevölkerung, weil die pflanzlichen Heilmittel sehr verdient sind. Man ist mit ihnen vertraut, die Wirkung ist gesichert, die Nebenwirkungen  sind relativ  mild und harmlos. Sie werden begleitend  zur Schulmedizin sehr, sehr gern  verwendet.
Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) arbeitet mit frisch geernteten Drogen, die innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden.  Es kommt keine Luft dazu, es kommt zu keinen chemischen Reaktionen. Die Apotheker empfehlen das gerne, weil es gut wirkt.

Wo verdienen Sie mehr, bei  Tabletten oder pflanzlichen Produkten?
Die Preise sind unterschiedlich. Der Tablettenaufschlag ist nicht sehr hoch. Bei Produkten, die die  Krankenkassen zahlen, liegt er unter 20 Prozent. Tees sind niedrigpreisigere Segmente. Es wird kombiniert. Zu einer Standardtherapie mit Tabletten nimmt man oft pflanzliche Arzneimittel, um die Therapie sanfter und umfassender  zu machen.

Die Apotheken sind auch  mit den Folgen des  Medikamentenverkaufs über das Internet konfrontiert. Wie spüren Sie das?
Ausländische Apotheken aus dem EU-Raum liefern nach Österreich. Es hat sich herausgestellt, dass der Internet-Handel ein hohes Fälschungspotenzial hat. Der österreichische Zoll findet bei  Stichproben, die getätigt werden, viele gefälschte Arzneimittel. Hier wird  inzwischen mehr erwirtschaftet als durch Waffen- und Drogenhandel. Internationaler Terrorismus finanziert sich  teilweise aus diesen Quellen. Die Österreicher bestellen über das Internet gerne Lifestyle-Drogen, also Dinge, die man nicht so gerne im Geschäft kauft, wie Mittel zur Gewichtsreduktion oder Potenzmittel. Darauf stürzt sich  die Fälscherszene.

Als Apotheker verfügen Sie über ein gewisses Monopol.
Nein, wir haben kein Monopol. Wir haben wie andere freiberufliche Berufsgruppen ein bedarfsorientiertes System. Der Staat legt Wert auf eine flächendeckende Versorgung mit Arzeimitteln. In anderen Ländern, wo der Medikamentenhandel liberalisiert ist, führt es dazu, dass sich die Apotheken in den Zentren anhäufen und es am Land keine Versorgung  gibt. In Griechenland gibt es zum Beispiel keine Apotheken-Versorgung mehr auf den Inseln. Das führt zur Aushungerung der ländlichen Strukturen. In Ländern, wo man liberal war, beginnt man wieder zu strukturierten Versorgung zurückzukehren. Wenn man eine flächendeckende Versorgung mit gewissen wichtigen Produkten haben will, dann braucht man so ein bedarfsorientiertes System. Aber die Apotheke am Land braucht ja auch einen gewissen Mindestumsatz, um überleben zu können. Deswegen gibt  es ein bestimmtes  Einzugsgebiet, damit eine Apotheke eröffnen darf. Sie hat im Schnitt 18.000 bis 19.000  Artikel auf Lager, das bewirtschaftet werden muss.
In einer kleinen Apotheke am Land muss der Chef selbst ununterbrochen da sein.  Er hat wenig Mitarbeiter. Er muss die Nacht- und Wochenenddienste abdecken. Das ist mühsam, während sich die Stadtapotheken mit ihrer hohen Frequenz leichter tun. Durch eine gezielte Verteilung kann man sicherstellen, dass überall eine Versorgung stattfindet.

Apotheken sind offensichtlich ein gutes Geschäft,  jedenfalls bemühen sich die Ärzte um Hausapotheken.
Die Apotheke unterliegt einer öffentlichen  Betriebsordnung. Sie wird auf Herz und Nieren geprüft und  ist ein vollsortierter Betrieb mit akademischem Personal. Ein Arzt mit einer Hausapotheke ist ein Notbetrieb mit einem eher kleinen  Segment.  Es ist eine Möglichkeit, um die Patienten mit  Arzneimitteln   während der Ordinationszeit  zu versorgen. Wir sind froh, dass  wir sie  haben, aber es ist sicher der Plan B. Er hat meistens das auf Lager, was er gerne verschreibt.