„Sichern die Qualität der Kräuter“
Von Josef Ertl
Viele Heilkräuter werden nur über die Apotheken abgegeben. Oberösterreichs Apothekerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr (53) erklärt, warum das so ist.
KURIER: Kräuter dürfen nur über Apotheken vertrieben werden. Warum eigentlich?
Ulrike Mursch-Edlmayr: Tees und Kräuter sind im Lebensmittelhandel erhältlich. Heil- und Arzneikräuter gibt es in der Apotheke. Sie werden von Ärzten auf Rezept verordnet. Zum Beispiel ein Blasen-Nieren-Tee oder ein Leber-Galle-Tee. Wenn man eine Heilwirkung haben will, muss man sicher sein, dass die verwendeten Drogen einen bestimmten Gehalt an Wirkstoffen haben. Man muss sich verlassen können, dass sie bestimmten Reinheitskritierien unterliegen. Kräuter sind eben nicht gleich Kräuter. In der Apotheke geht es um Spezialprodukte und um zusätzliche Beratung und nicht um Standardprodukte.
Verteuert das nicht die Produkte? Wenn man an Apotheken denkt, glaubt man, es ist teuer.
Das ist eine negative Meinung aus der Vergangenheit. Viele Arzneitees sind im Vergleich zu Reformtees auch nicht teurer. Mit der absoluten Sicherheit, dass der Gehalt und die Ware stimmen und die Kunden fachlich hochwertige Beratung erhalten. Den pflanzlichen Stoffen zollt man genauso eine Umsicht und Genauigkeit wie anderen Arzneistoffen.
Die Kräuter werden im Umsatz einer Apotheke eher eine untergeordnete Rolle spielen.
Nein. Man darf die pflanzlichen Zubereitungen nicht auf Tees reduzieren. Es geht ja auch um die Tinkturen und Extrakte aus Pflanzen. Die Alkohol-Wasser-Auszüge, mit denen schon Paracelsus gearbeitet hat, sind ein klassisches Thema für die Apotheke und genießen auch höchste Akzeptanz bei der Bevölkerung, weil die pflanzlichen Heilmittel sehr verdient sind. Man ist mit ihnen vertraut, die Wirkung ist gesichert, die Nebenwirkungen sind relativ mild und harmlos. Sie werden begleitend zur Schulmedizin sehr, sehr gern verwendet.
Die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) arbeitet mit frisch geernteten Drogen, die innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Es kommt keine Luft dazu, es kommt zu keinen chemischen Reaktionen. Die Apotheker empfehlen das gerne, weil es gut wirkt.
Wo verdienen Sie mehr, bei Tabletten oder pflanzlichen Produkten?
Die Preise sind unterschiedlich. Der Tablettenaufschlag ist nicht sehr hoch. Bei Produkten, die die Krankenkassen zahlen, liegt er unter 20 Prozent. Tees sind niedrigpreisigere Segmente. Es wird kombiniert. Zu einer Standardtherapie mit Tabletten nimmt man oft pflanzliche Arzneimittel, um die Therapie sanfter und umfassender zu machen.
Die Apotheken sind auch mit den Folgen des Medikamentenverkaufs über das Internet konfrontiert. Wie spüren Sie das?
Ausländische Apotheken aus dem EU-Raum liefern nach Österreich. Es hat sich herausgestellt, dass der Internet-Handel ein hohes Fälschungspotenzial hat. Der österreichische Zoll findet bei Stichproben, die getätigt werden, viele gefälschte Arzneimittel. Hier wird inzwischen mehr erwirtschaftet als durch Waffen- und Drogenhandel. Internationaler Terrorismus finanziert sich teilweise aus diesen Quellen. Die Österreicher bestellen über das Internet gerne Lifestyle-Drogen, also Dinge, die man nicht so gerne im Geschäft kauft, wie Mittel zur Gewichtsreduktion oder Potenzmittel. Darauf stürzt sich die Fälscherszene.
Als Apotheker verfügen Sie über ein gewisses Monopol.
Nein, wir haben kein Monopol. Wir haben wie andere freiberufliche Berufsgruppen ein bedarfsorientiertes System. Der Staat legt Wert auf eine flächendeckende Versorgung mit Arzeimitteln. In anderen Ländern, wo der Medikamentenhandel liberalisiert ist, führt es dazu, dass sich die Apotheken in den Zentren anhäufen und es am Land keine Versorgung gibt. In Griechenland gibt es zum Beispiel keine Apotheken-Versorgung mehr auf den Inseln. Das führt zur Aushungerung der ländlichen Strukturen. In Ländern, wo man liberal war, beginnt man wieder zu strukturierten Versorgung zurückzukehren. Wenn man eine flächendeckende Versorgung mit gewissen wichtigen Produkten haben will, dann braucht man so ein bedarfsorientiertes System. Aber die Apotheke am Land braucht ja auch einen gewissen Mindestumsatz, um überleben zu können. Deswegen gibt es ein bestimmtes Einzugsgebiet, damit eine Apotheke eröffnen darf. Sie hat im Schnitt 18.000 bis 19.000 Artikel auf Lager, das bewirtschaftet werden muss.
In einer kleinen Apotheke am Land muss der Chef selbst ununterbrochen da sein. Er hat wenig Mitarbeiter. Er muss die Nacht- und Wochenenddienste abdecken. Das ist mühsam, während sich die Stadtapotheken mit ihrer hohen Frequenz leichter tun. Durch eine gezielte Verteilung kann man sicherstellen, dass überall eine Versorgung stattfindet.
Apotheken sind offensichtlich ein gutes Geschäft, jedenfalls bemühen sich die Ärzte um Hausapotheken.
Die Apotheke unterliegt einer öffentlichen Betriebsordnung. Sie wird auf Herz und Nieren geprüft und ist ein vollsortierter Betrieb mit akademischem Personal. Ein Arzt mit einer Hausapotheke ist ein Notbetrieb mit einem eher kleinen Segment. Es ist eine Möglichkeit, um die Patienten mit Arzneimitteln während der Ordinationszeit zu versorgen. Wir sind froh, dass wir sie haben, aber es ist sicher der Plan B. Er hat meistens das auf Lager, was er gerne verschreibt.