Chronik/Oberösterreich

"Sch... wir einfach auf die Vorschriften"

Wir wollen Impulse für mehr Eigeninitiative in den Pfarren setzen." So definierte Hans Peter Hurka das Ziel für den Studientag zum Thema "Eucharistiefeier in Zeiten des Priestermangels", der gestern, Samstag, in der Linzer Pfarre St. Konrad stattfand. Hurka, Vorsitzender des Vereins "Wir sind Kirche", wollte damit im Prinzip dasselbe wie seine Kollegen von der "Laieninitiative", der "Pfarrerinitiative" und dem Verein "Priester ohne Amt", die den Studientag gemeinsam organisierten. Die Umsetzung der reformorientierten Ideen für die katholische Kirche, nicht nur in Bezug auf die Eucharistie, bot regen Diskussionsstoff, der erst am späten Abend eine Resolution ergab.

Ein Wunsch, viele Meinungen

"Jede Gemeinde soll doch selbst entscheiden, was das Beste für sie ist", hörte man aus den Reihen. "Warum sch... wir nicht einfach auf die Vorschriften aus Rom?", schallte es aus dem Plenum. Die anwesenden Priester lenkten ein: "Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, haben wir irgendwann lauter kleine Zirkel mit sektenähnlichen Verhältnissen."

"Wichtig ist doch, dass wir die Verbindung zur Gesamtkirche nicht verlieren und die Einheit wahren", betonte der Linzer Priester Markus Schlagnitweit. Derselben Meinung war Veselko Prlic von der Taxhamer Pfarrgemeinderats-Initiative: "Wir brauchen eine gemeinsame Sprache, mit der sich das Kirchenvolk identifizieren kann." Eine Spaltung befürchtete auch der Hausherr, Pfarrer Wimmer, der sich mehr Dialogbereitschaft aus dem Vatikan wünschte. Wie und von wem das Gedenken an das Opfer Jesu Christi zelebriert werden soll, sollte der christlichen Gemeinde überlassen werden, so der Tenor beim Studientag. Die Frage, ob man geweihte Priester dann überhaupt noch brauche, wurde mit einem klaren Ja beantwortet.

Franz Nikolasch: "Päpste sind Totengräber des Konzils"

"Wir waren vor 50 Jahren weiter als jetzt", meint der Salzburger Liturgiefachmann und Theologieprofessor Frank Nikolasch zur Entwicklung der römisch-katholischen Kirche. Diese leide am Mangel an Fachkräften, also an geweihten Priestern. Die Eucharistie, die jenen bisher vorbehalten ist, mache uns Christen überhaupt zu Christen.

Die Frage, die sich bei diesem Dilemma aufdrängt: "Gibt es eine Eucharistiefeier ohne Priester?" beantwortete er mit Passagen aus dem Dekret für die Einheit der Christen aus dem II. Vatikanischen Konzil. Dort stehe geschrieben, dass die Eucharistie dem Gedächtnis von Tod und Auferstehung des Herrn diene. Von einem geweihten Priester als Zeremonienmeister sei dabei keine Rede. Jesus sei der einzig wahre Priester und die Gemeinde habe eine Teilhabe an dessen Priestertum.

Nach dieser Auslegung seien Laien in Ermangelung eines ordinierten Amtsträgers durchaus befugt, Eucharistie zu feiern: "Von einer Kirchenleitung, für die nicht das Machtdenken im Mittelpunkt steht, sondern das Heil der Gemeinde, ist das zu erwarten." Papst Benedikt XVI. sei mit seiner restriktiven Kirchenpolitik einer der Totengräber des II. Vatikanums.

Peter Trummer: "Katholischer Glaube hat Denkfehler"

Als Peter Trummer, pensionierter Theologieprofessor aus Graz, beim Studientag der reformorientierten Christen das Wort übernahm, ging ein Raunen durch den Saal. "Wir unterliegen einem katastrophal falschen Gottesbild", so die Ansage des Neutestamentlers. Die Diskussion um die Eucharistie müsse viel weiter vorne beginnen: "Es ist ein grundlegender Denkfehler, die Menschen ständig daran erinnern zu wollen, dass Jesus für die Sünden der Menschheit am Kreuz hängen musste. Wenn das stimmt, müsste man annehmen, Gott sei ein jähzorniger KZ-Häuptling." So entferne man sich weit von den Lehren Christi, es gebe einen liebenden, keinen strafenden Gott.

Die Kraft der Sakramente liege in ihrer Heilsamkeit und Stärkung der Gemeinschaft. Diese würde die man durch ein "Sammelsurium an obskuren Glaubensauslegungen" unterminieren. "Solche Praktiken pervertieren doch das Gottesbild", so seine Kritik. Trummer forderte daher eine neue Form des Gottesdienstes und ein Umdenken an allen Fronten der katholischen Kirche. Schließlich liege der Erfolg des Christentums seit jeher in seiner Offenheit.