Räuber zu früh entlassen: Justiz fehlt Hauptbelastungszeuge
Ilija B. ist in Freiheit. Und zwar drei Jahre zu früh. Wie berichtet, durfte der 30-jährige Serbe wegen eines Rechenfehlers die Justizanstalt Garsten bereits jetzt und nicht, wie vorgesehen, erst 2017 verlassen (mehr dazu). Der verurteilte Räuber ist untergetaucht. Der Staatsanwaltschaft Eisenstadt wird er fehlen. Denn B. ist, wie ein Blick in die dem KURIER vorliegende Anklageschrift zeigt, ein wichtiger Zeuge gegen den mutmaßlichen Schützen auf Bernd Riedl. Dem 27-jährigen Slavko P. soll am 15. und 16. Oktober der Prozess wegen Mordes und schweren Raubes gemacht werden.
Riedl starb im Vorjahr
Zur Vorgeschichte: Am 28. November 2005 überfielen drei maskierte Männer das Juwelengeschäft Hohensteiner in Eisenstadt. Auf dem Parkplatz fiel der Schuss auf den Uhrmacher Bernd Riedl, damals 22, der die Täter bis zu ihrem Fluchtauto verfolgt hatte. Ein Täter, so steht es in der Anklage, hielt dem 22-Jährigen die Pistole Kaliber 9 mm ins Gesicht und drückte ab. Riedls Verletzungen im Gehirn und Rückenmark waren irreversibel. Er war fortan ein Pflegefall. 2013 starb er in Wiener Neustadt an einer Hirnlähmung.
Die Täter entkamen mit einer Beute im Wert von 448.910 Euro. Danach folgten lange Ermittlungen – und eine Justizpanne in Serbien. Auf 82.500 A4-Seiten hatten acht eigens für den Fall Riedl abgestellte Kriminalisten die Spuren zusammengetragen – und die Identität der Verdächtigen ermittelt. Nach einer internationalen Fahndung klickten in Serbien für das Trio und die Hintermänner die Handschellen. Doch nur einer, Ilija B., der das Fluchtfahrzeug gelenkt hatte, blieb in Haft, die anderen, darunter P., gingen frei.
Der Mordverdächtige lebte zuletzt in Madrid: Dort verurteilte ihn ein Gericht wegen mehrfachen schweren Raubes zu sechseinhalb Jahren Haft und lieferte ihn aus.
Für die Staatsanwaltschaft ist er "zweifelsfrei" schuldig. Die Verletzungen seien "kausal" für Riedls Tod. In ihrer Begründung führt die Anklage unter anderem B. als Zeugen an. Der zu früh Entlassene "nannte in seiner Verhandlung auch den Beschuldigten als einen der unmittelbaren Täter des Raubes". Überdies beruft sich die Anklage auf eine Blutspur von P. auf der Rückbank des Pkw. Da B. der Fahrer und die DNA-Spur des zweiten Täters auf dem Beifahrersitz war, bleibt nur P. als "hinterer" Mitfahrer, der laut Zeugen geschossen haben soll.
P. schweigt zu den Vorwürfen. Da er damals 18 Jahre alt war, droht ihm eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht. Maximalstrafe: 15 Jahre Haft.