Chronik/Oberösterreich

Ehefrau mit 68 Messerstichen getötet: Lebenslang wegen Mordes

„Ich habe sie mit ganzer Seele geliebt. Ich wollte, dass die Familie wieder zusammenkommt“, sagt der Angeklagte vor Gericht. Warum und wie Dragan K. seine 46-jährige Noch-Ehefrau Sarajka K. im März des Vorjahres mit 68 Messerstichen getötet hat, konnte der Kroate im heutigen Mordprozess dem Geschworenengericht in Wels nicht erklären. Doch für den Mord an ihr wurde er nun zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Angeklagte erbat sich Bedenkzeit. Die Entscheidung der Geschworenen fiel einstimmig.

Das Gericht sah einen "besonders hohen Handlungs- und Gesinnungsunwert" in der Tat. Dieser seien über 16 oder 17 Jahre immer wieder Gewalt- und Aggressionshandlungen gegen die Frau vorangegangen. Eine einschlägige Verurteilung wurde erschwerend gewertet, ebenso, dass es sich um eine Tat gegen eine Angehörige gehandelt hat und deren Tod besonders qualvoll war. Das Geständnis wurde nicht mildernd gewertet, weil es weder reumütig gewesen sei noch der Wahrheitsfindung gedient habe, denn der Angeklagte hatte immer wieder Erinnerungslücken behauptet.

Erinnerungslücken

Daran, dass er nach der Tat in einer Wohnung in Bad Schallerbach der Polizei die Tür öffnete und sofort kreidebleich gestand: „Ich habe Frau kaputt gemacht“, konnte er sich nicht mehr erinnern. Zur Tat selbst bekannte er sich teilschuldig. Eine geplante Tat bestritt er. Während die Staatsanwältin überzeugt davon war, dass die Mordanklage gerechtfertigt sei, plädierte die Verteidigerin des Mannes auf Totschlag.

Vor Gericht kann sich Dragan K. an vieles nicht erinnern. Das Bild eines Ehemannes, der seine Frau seit Jahren unterdrückte, sie mindestens einmal monatlich schlug und ihr verbot arbeiten zu gehen, weil sie daheim am Herd und bei den Kindern sein sollte, bestreitet der untersetzte und schüchtern wirkende Mann. Auch als ihm die Richterin Aussagen seiner Tochter, der Schwägerin und seiner Eltern vorhielt. Eine Verurteilung in Kroatien, wegen einer Tätlichkeit gegen seine Frau im Herbst 2016, tut der Beschuldigte als unabsichtlich ab. Die Tochter sagte jedoch aus, dass der Vater die Mutter als Hure beschimpft und sie ins Gesicht geschlagen habe.

Nachdem Sarajka K. auszog und später über Vermittlung ihrer Schwester in Bad Schallabach in einem Hotel Arbeit fand, reichte Dragan K. die Scheidung ein. Sie habe sich viereinhalb Monate nicht gemeldet, nannte er als Grund. Eigentlich wollte er seine Frau unter Druck setzen, gestand er vor Gericht. Er liebte seine Frau und wollte mit ihr zusammen sein, betonte er unter Tränen. Die Richterin widerlegte zudem, dass es zwischen dem Ehepaar keinen Kontakt gab. Datenauswertungen des Handys ergaben 70 Sprachverbindungen und hunderte SMS in den drei Monaten vor der Tat.

Besuch

Mit der 18-jährigen Tochter und dem 14-jährigen Sohn war der Angeklagte dann am ersten Märzwochenende des Vorjahres nach Schallerbach gekommen. Auch um der Frau die Hälfte des gemeinsam gebauten Hauses zu überschreiben. Nach einem harmonischen Treffen fuhren er und die Kinder nach Kroatien zurück. Noch in der Nacht machte sich Dragan K. aber mit dem Leihauto erneut auf, um nach Schallabach zu fahren. Dort lauerte er seiner Frau dann am abendlichen Heimweg auf. Ein Arbeitskollege bestätigte, dass die Frau völlig überrascht vom Auftauchen ihres Mannes war.

Sarajka K. habe ihm beim ersten Besuch gesagt, dass sie mit ihm unter vier Augen ohne die Kinder sprechen müsste, erklärte K. den Überraschungsbesuch. Am Morgen habe ihm die Frau dann gesagt, dass sie einen anderen Mann habe und die Scheidung abschließen wolle. Da dürfte K. ein Küchenmesser geholt und die Frau mit 68 Stichen getötet haben. Nachbarn, die noch die Hilferufe des Opfers hörten, alarmierten die Polizei.

Zurechnungsfähig

Die psychiatrische Gutachterin Adelheid Kastner bescheinigte dem Angeklagten, dass er gewusst habe, was er tut: „An der Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt besteht kein Zweifel.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass er Ähnliches wieder machen würde, sei aber nicht groß. Denn die Tat habe eine „längere konfliktreiche Vorlaufzeit“ gehabt.

Typisch für den Angeklagten sei, dass er in Gesprächen ausweiche und immer wieder andere Varianten präsentiere, erklärte Kastner. Das hatte das Gericht bei der Einvernahme auch feststellen müssen. „Es gibt wenige Menschen, die Fakten so gekonnt ignorieren können“, so die Psychiaterin. Würden die Fakten aber einmal unleugbar am Tisch liegen, komme es zu Aggressionen.

Seine Erinnerungslücken könne sie nicht beurteilen, aber „der Wechsel des Erinnerungsumfangs lässt den Schluss zu, dass das etwas ist, das er steuert“. Denn normalerweise würden einfach bestimmte Teile der Erinnerung ausgestanzt. Der Angeklagte hatte aber in unterschiedlichen Einvernahmen immer wieder unterschiedliche Erinnerungslücken präsentiert.

Am Nachmittag sollten noch Zeugen einvernommen werden. Ein Urteil ist für den späten Abend geplant.