Chronik/Oberösterreich

Priestermangel: Pfarren müssen sich selbst engagieren

Der Schriftsteller Alois Brandstetter beschreibt die Situation in seiner Heimatgemeinde Pichl bei Wels im Gespräch mit dem KURIER ernüchternd: „Ich sehe es schon ein bisschen wehmütig. Pichl war eine Passauer Urpfarre, eine ganz alte Pfarre. Jetzt gibt es längst keinen Pfarrer mehr. Jetzt wohnt die Pfarrassistentin in Grieskirchen. Es gibt keine Gendarmerie und keine Post mehr. Die alten Häuser im Zentrum sind von Türken gekauft worden. Am Ortsrand stehen Villen von Welser Honoratioren, die keinen Kontakt mehr zur Urbevölkerung haben. Das kann einem nicht gefallen.“

Pfarrassistenten

Pichl ist kein Einzelfall. In der Diözese Linz gibt es bereits 45 Pfarrassistenten. Sie werden dort eingesetzt, wo es keine Priester mehr gibt. Das sind meistens kleinere Pfarren. Unter der Leitung eines Pfarrers, der meist aus der Nachbargemeinde kommt, organisieren sie die Seelsorge, machen die Vorbereitungen für Taufen und Firmungen, halten Wortgottesdienste und Begräbnisse. Messen sind ausschließlich Priestern vorbehalten. Assistenten haben entweder ein Theologiestudium oder das vierjährige Seminar für kirchliche Berufe absolviert.

Seelsorgeteam

„Wir haben noch ein weiteres Modell kreiert, damit wir mit der Seelsorge nahe am Ort sind“, erläutert Bischofsvikar und Pastoralamtsleiter Willi Vieböck (63). Ehrenamtliche übernehmen die Führungsaufgaben der Leitung. „Vier Personen leiten mit einem Priester die Pfarre. Eine/r ist für die Liturgie zuständig, eine/r für die Verkündigung, für die Caritas und für die Koinonia, die Gemeinschaften. “ Diese Ehrenamtlichen verpflichten sich für fünf Jahre und werden in einem einjährigen Kursus auf ihre Aufgaben vorbereitet. Danach gibt es eine offizielle Beauftragung durch die Kirche. Vieböck oder der Generalvikar überreichen die vom Bischof unterzeichneten Ernennungsdekrete. 2002 wurde dieses Modell in Pergkirchen bei Perg erstmals installiert.

Ein Beispiel, wie die neue Leitung von Pfarren aussieht, ist Johannes Blaschek. Er ist Pfarrer in Geboltskirchen und betreut weiters die Pfarren Haag am Hausruck und Weibern. In Haag gibt es einen Pfarrassistenten, in Weibern ein Seelsorgeteam (Bericht Seite 5). Es gebe, so Vieböck, zwischen 40 und 50 Pfarrer, die so ähnlich wie Blaschek arbeiteten. Die Zahl dieser Modelle werde zunehmen, so Vieböck, denn es gebe keine Anzeichen, dass im Priesterseminar ein Boom ausbreche. „Unser Anliegen war es immer, Kirche ortsnah, menschennah und sinnvoll zu gestalten.“ Dieses Modell sei nicht vom grünen Tisch aus installiert worden, sondern habe sich aus der Praxis unter der Einbeziehung der Basis und der Theologie ergeben. „Hie und da haben wir etwas riskiert. Im Nachhinein bin ich froh und dankbar. Es hat sich bewährt.“ Deutsche Diözesen studieren bereits das Linzer Beispiel. Vieböck findet, dass die Seelsorgeteams keine Schwächung, sondern eine Stärkung der Pfarren seien, „wo sich die Leute ihrer Verantwortung für die Pfarre stärker bewusst werden.“ Man könne diese nicht einfach mehr an den Pfarrer abschieben.

Stark im Wachsen ist auch die Zahl der Diakone. Es gibt bereits mehr als 100. Sie taufen, predigen, halten Begräbnisse und kümmern sich um die Menschen.

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