„Politik begünstigt den Boulevard“
Von Daniel Voglhuber
Mit seiner Kritik an der heimischen Medienlandschaft hat Armin Thurnher nie hinterm Berg gehalten. Ein besonders großer Dorn im Auge des Chefredakteurs und Herausgebers der Wiener Stadtzeitung Falter sind die großen Boulevardblätter im Land. „Unser Problem ist, dass die Politik dem Boulevard den Weg geebnet hat und ihn weiter begünstigt“, argwöhnt der unbequeme Journalist über Geldflüsse, die sich vor allem nach der Reichweite richten. Thurnher eröffnet heute, Sonntag, mit seinen Ausführungen zum Thema „Die Katastrophe der Öffentlichkeit – Eine Rede zur Verteidigung der öffentlichen Rede“ das 39. Brucknerfest in Linz.
Eigentlich seien Boulevardmedien keine passende Arena für politische Auseinandersetzungen. „Sie werden aber von unseren Politikern zu einer solchen gemacht.“ Das Problem dabei sei allerdings, dass sich die Politiker dadurch selbst den Boden unter den Füßen wegziehen würden. Denn demokratiepolitisch wertvoll seien sie im Gegensatz zu den Qualitätsmedien nicht. Deshalb plädiert Thurnher dafür, dass Presseförderungen nach den Kriterien der Qualität der Medien vergeben werden sollen.
Kommerzialisierung
Denn Qualitätszeitungen seien von finanziellen Schwierigkeiten betroffen und Personal werde abgebaut. „Dabei beißt sich die Katze in den Schwanz, weil es dadurch weniger Qualität gibt“, kritisiert der unbequeme Publizist. Außerdem sei die Kommerzialisierung der Medien so stark, dass die publizistische Seite immer mehr unter Druck gerate. „Es herrscht beispielsweise die Unsitte vor, dass es nur Inserate gibt, wenn auch eine redaktionelle Geschichte dazu erscheint.“ Und auch in der gut finanzierten PR-Industrie, die um einiges größer als der Bereich des Journalismus sei, sieht Thurnher eine Gefahr für den Journalismus. Die Redaktionen würden immer mehr von dieser bedrängt. Und so passiere es immer häufiger, dass von den Agenturen vorgeschriebene PR-Geschichten den Weg in die Zeitungen finden. „Je kleiner die Redaktion, umso größer ist diese Gefahr.“
Meinungsbildung
Und dieses marketinggetriebene Verhalten würde sich auch in der Politik niederschlagen. „Die Politiker trauen sich nicht, sich klar zu artikulieren.“ Es gebe keine Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit. „Sie haben Angst, dass sie sich auf ewig angreifbar machen.“ Dabei sei gerade das enorm wichtig, weil sich die Bevölkerung dadurch eine vernünftige Meinung bilden könne.
„Skandale sind der Betriebsunfall der Politik – dann merkt man erst, wie wenig an Artikulationsfähigkeit da ist. Der Boulevard und populistische Politiker können Politik fast nur in Form von Skandalen artikulieren“, stellt der kritische Journalist fest. Ansonsten würden klare Aussagen fehlen. „Von Wolfgang Schüssel hätte ich während seiner Regierungszeit oder danach gerne ein Wort über die schwarz-blaue Ära gehört. Das wäre in hygienischer Hinsicht gut gewesen.“
Höhepunkte
Klassisch anders lautet das Motto des Brucknerfests, das in diesem Jahr in seine 39. Ausgabe geht. Vom 9. September bis 5. Oktober gibt es neben klassischer Musik auch Pop oder Jazz.
Eröffnung mit der Klassischen Klangwolke Dennis Russel Davies hat sich mit dem Bruckner Orchester Linz, zwei Chören und der Mahler-Interpretin Petra Lang für das Eröffnungskonzert Großes vorgenommen. Heute, Sonntag, führen sie ab 20 Uhr im Brucknerhaus Gustav Mahlers 3. Symphonie auf, die mit 95 Minuten zu den längsten Symphonien der Musikgeschichte zählt. Das Ganze wird auch live in den Donaupark übertragen.
Beethoven Ausnahmepianist Rudolf Buchbinder hat für sein Konzert am Montag, 10. 9., im Brucknerhaus Sonaten aus verschiedenen Schaffensperioden Ludwig Beethovens zusammengestellt. Der Klavierabend beginnt um 19.30 Uhr.
Orgelkonzerte Drei unterschiedliche Konzerte stellen drei Aspekte aus der Geschichte des Orgelspiels vor: die Alternatimpraxis, die Improvisation und nordische Musik. Die Abende gehen auch an drei stilistisch unterschiedlichen Instrumenten in Linzer Kirchen über die Bühne.
(Fr., 14. 9., Minoritenkirche, Mo., 17. 9., Neuer Dom, Fr., 28. 9., Stadtpfarrkirche, alle um 19.30 Uhr).
Oper Mit Georg Philipp Telemanns Oper „Miriways“ steht am Sonntag, dem 23. 9., um 18 Uhr im Brucknerhaus ein lange Zeit unbeachtetes Werk am Programm. Musik zum im Orient angesiedelten Stück kommt vom L’Orfeo Barockorchester.
Liederabend Die berühmte Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager und Pianist Helmut Deutsch interpretieren am Dienstag, dem 2. Oktober, Lieder von Robert Schumann. Die Werke des Romantikers, die zwischen 1840 und 1850 komponiert wurden, gibt es ab 19.30 Uhr im Brucknerhaus zu hören.